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Die Lions Owen Farrell (links) und Jonathan Sexton haben den Neuseeländer Beauden Barrett im Griff.

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Höhepunkte des dritten Tests.

All Blacks

Zwei Kapitäne, ein Pokal: Neuseelands Kieran Reid (mit dem Cap für sein 100. Match für die All Blacks) und Lions-Skipper Sam Warburton schiedlich-friedlich nach dem durchaus monumentalen Remis im Eden Park.

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Auckland – Das gab es noch nie: Nach einem 15:15 (12:6) am Samstag in Auckland endet der über drei Matches gehende Rugby-Vergleichskampf zwischen den neuseeländischen All Blacks sowie den British and Irish Lions unentschieden – zum ersten Mal in der Geschichte. Neuseeland konnte den ersten Test mit 30:15 für sich entscheiden, die Lions setzten sich vor einer Woche in Wellington mit 24:21 durch – ihr erster Erfolg gegen die Neuseeländer seit 1983.

Erstmals hatte sich das legendäre europäische All-Star-Ensemble, das sich derzeit alle vier Jahre auf die Socken macht, im Jahre 1904 mit den Neuseeländern gemessen, damals ging das einzige Spiel verloren. Dies sollte sich als Normalfall etablieren, nur ein einziges Mal, 1971, konnten sich die Lions in einer Serie gegen die All Blacks durchsetzen. Noch in der bis dato letzten hatten die Kiwis die Lions 2005 am Nasenring durch die Arenen geschleift und ganz klar mit 3:0 die Oberhand behalten.

Und auch diesmal hätte im Vorfeld wohl kaum jemand einen Pfifferling auf die vom Neuseeländer Warren Gatland angeleiteten Touristen gesetzt. Zu übermächtig erschien die perfekt schnurrende Maschinerie der All Blacks, der regierende Weltmeister gilt in der Rugby-Welt schon seit Jahren als quasi unangreifbar, schwebt in Sphären, zu denen der Konkurrenz der Zugang versperrt scheint.

Diese Einschätzung wurde durch mäßige Leistungen der Lions in ihren Aufwärm-Matches noch verfestigt. Im Vorfeld des Gipfels gegen die All Blacks setzte es Niederlagen gegen die Blues und die Highlanders, zwei neuseeländischen Franchise-Teams. Der Untergang gegen Aotearoas Elite schien da für viele bereits vorprogrammiert.

In der Festung

Es sollte anders kommen, denn Schritt für Schritt fanden die zusammengewürfelten Lions zueinander. Die Erwartungshaltung vor der entscheidenden Partie war ins Gigantische gestiegen, immer noch galten jedoch die All Blacks als Favoriten. Schließlich wurde im Eden Park gespielt und das größte Stadion des Landes (etwa 50.000 Plätze) ist für Gäste schlicht und ergreifend das Synonym einer uneinnehmbaren Festung: Seit sage und schreibe 23 Jahren hat Neuseelands Rugby-Nationalteam hier kein Spiel mehr verloren.

Entsprechend legte die Phalanx in Schwarz los. Die XV von Chefcoach Steve Hansen dominierte das Geschehen, welches sich zumeist tief in der Spielhälfte der Lions und demgemäß gefährlich nahe an deren Trylinie entfaltete. Doch den All Blacks gelang es an diesem regnerischen Abend nicht, den so beherrscht wie entschlossen verteidigenden Männern in Rot auch punktuell davonzuziehen. Zwei Tries durch Ngani Laumape (14.) und Jordie Barrett (35.) waren eine angesichts der Überlegenheit nicht zufriedenstellende Ausbeute. Zwei verwandelte Penalties des englischen Spezialisten Owen Farrell hielten den Rückstand in noch engeren Grenzen – die Lions konnten sich über das 6:12 zur Halbzeit nach 40 Minuten ganz und gar nicht beschweren.

Farrell ohne Nerven

Ein Defizit gegen die All Blacks aufholen zu müssen blieb jedoch nichtsdestotrotz eine Aussicht, die von Blut, Schweiß und Tränen schwerst gesättigt ist. Erleichtert wurde die Aufgabe durch den Ausschluss von Jerome Kaino. Er wurde für ein zu hohes Tackling gegen den Waliser Aun Wyn Jones kurz nach Wiederbeginn mit einer Gelben Karte verwarnt, und musste das Spielfeld für 10 Minuten verlassen.

Wie bereits vor einer Woche, als der Neuseeländer Sonny Bill Williams ausgeschlossen worden war, gelang den Touristen ein Comeback. Das hochklassige Match lief auf ein nervenverzehrendes Finale hinaus, kurz vor seinem Ende lagen die Neuseeländer noch mit 15:12 voran. Zwei Minuten waren noch zu spielen, als Farrell zu seinem vierten Penaltykick anlief. Und wie bereits vor einer Woche, als er ebenfalls in den Schlussminuten den Sieg der Lions sichergestellt hatte, blieb der 25-Jährige eiskalt. Auch diesmal stimmte die Flugkurve des Balles aufs Allerschönste, der schließlich die Malstangen zum finalen Ausgleich durchsegelte (77.).

Als alles beinahe vorbei war, trat auch noch Referee Romain Poite auf den Plan. Hatte er nach einer Abseitsstellung des Lions-Hookers Ken Owens spontan auf Penalty zugunsten der All Blacks entschieden, revidierte der Franzose seine Entscheidung nach Ansicht der Fernsehbilder. Die Verfehlung sei unabsichtlich passiert, das Spiel zum Ärger der Neuseeländer mit einem Scrum fortgesetzt. Ein Fehlurteil trotz Videobeweis. Nun ja.

"Irgendwie sprachlos"

Die beiden Kapitäne wussten anschließend nicht so recht, was sie von der Sache halten sollten. "Es ist schwierig in Worte zu fassen", begann Neuseelands Kieran Read nach seinem 100. Einsatz für die All Blacks. "Es hat nie wirklich so ganz gepasst bei uns heute, vielleicht wollten wir ein bisschen zu viel." Sein Gegenüber Sam Warburton meinte: "Ich bin irgendwie sprachlos. Hierher zu kommen und nicht zu verlieren, darauf können wir schon stolz sein. Aber natürlich wollen die Spieler gewinnen – und so war das schon auch ein Anti-Klimax." (Michael Robausch, 8.7. 2017)