Irakische Polizisten feiern den Sieg über die IS-Miliz

Foto: APA/AFP/FADEL SENNA

Mossul (Mosul) – Der irakische Ministerpräsident Haider al-Abadi hat nach der Rückeroberung der Großstadt Mosul (Mossul) von der Extremistenmiliz Islamischer Staat erklärt, der in der Stadt ausgerufene Terrorstaat der Islamisten sei gescheitert. Die US-geführte Anti-IS-Allianz bestätigte, dass Mosul nun unter der Kontrolle der Regierung sei.

Andreas Pfeifer, Leiter der ZIB-Auslandsredaktion, analysiert die Lage: "Der territoriale Traum von einem radikal-islamischen Kalifat ist damit eigentlich ausgeträumt."
ORF

Allerdings müssten noch Sprengfallen geräumt und etwaige versteckte IS-Kämpfer ausfindig gemacht werden. Global sei der IS weiter eine Bedrohung. Der Sieg nach neun Monaten Kampf hat eine symbolische Bedeutung: Von Mosul aus hatte IS-Chef Abu Bakr al-Bagdadi 2014 sein Kalifat ausgerufen und sich zum Anführer aller Muslime erklärt.

"Ich gebe von hier aus das Ende und das Scheitern und den Zusammenbruch des Terrorstaates der Falschheit und des Terrorismus bekannt, den der terroristische Daesh von Mosul aus verkündet hatte", erklärte Al-Abadi, der damit eine andere Bezeichnung für den IS wählte, am Montag in einer Rede im staatlichen Fernsehen.

Die IS-Jihadisten selbst erklärten, sie hätten einen Gegenangriff auf die Armee in Mossul gestartet. Eine Bestätigung dafür lang nicht vor.

Soldaten feiern den Sieg

In der Stadt selbst entspannten sich die irakischen Soldaten sichtbar. Einige schwammen im Tigris. Ein anderer wischte sich mit einer IS-Fahne den Schweiß aus dem Gesicht. Von den Häuserkämpfen der vergangenen Tagen und Wochen zeugte Leichengeruch in den Straßen. Große Teile der Stadt wurden bei den Kämpfen zerstört. Der IS selbst hatte bereits die bekannte Großmoschee Al-Nuri gesprengt. Von dort rief Al-Bagdadi seinen sogenannten Staat aus.

Mit Mossul verliert der IS seine letzte große Hochburg im Irak und die größte Stadt, die er je unter Kontrolle hatte. Die Extremisten waren im Juni 2014 überraschend in Mosul eingefallen und hatten die Millionenmetropole innerhalb kürzester Zeit überrannt.

Menschenrechtler warnten, auch nach dem Sieg der Regierungstruppen in Mossul sei das Leiden der Zivilisten noch lange nicht beendet. Die Vereinten Nationen erklärten, noch immer seien rund 700.000 Menschen aus Mosul vertrieben und bräuchten Hilfe.

Die irakische Armee war am Sonntag mit Luftunterstützung der US-geführten Anti-IS-Koalition in den letzten Rückzugsort des IS im Westen Mossuls eingefallen. Sie hisste die irakische Flagge am Ufer des Tigris und in der Altstadt. Das Staatsfernsehen zeigte feiernde und tanzende Soldaten. Die irakische Nationalhymne wurde gespielt.

Al-Abadi erklärte am Montagabend, es sei ein Sieg über die Dunkelheit und den Terrorismus. Vor dem Irak liege nun die nächste Mission. Es gehe darum, für Stabilität zu sorgen und das Land wieder aufzubauen.

Zehntausende Zivilisten

Nach Angaben des Norwegischen Flüchtlingsrates (NRC) harren noch immer Zehntausende Zivilisten in Mossul aus. Sie seien während der Kämpfe in der Stadt geblieben, auch weil die Flucht für sie zu gefährlich gewesen sei, sagte eine NRC-Sprecherin.

Bei den Gefechten um Mossul wurden den UN zufolge mehr als 900.000 Menschen aus der Stadt vertrieben. Um die 200.000 von ihnen konnten zurückkehren. Die humanitäre Krise sei noch nicht vorbei, sagte die UN-Koordinatorin für humanitäre Fragen im Irak, Lise Grande. Von 54 Stadtteilen in Mossul seien 15 stark und 23 mäßig zerstört. Vor allem in Westen der Stadt liegen ganze Viertel in Trümmern.

Die Jidhadistengruppe IS ist nun im Irak militärisch weitgehend geschlagen. Sie kontrolliert nur noch unbedeutendere Gebiete etwa an der Grenze zu Syrien, das sie ebenfalls zu Teilen erobert hatte. Experten rechnen damit, dass sich die IS-Anhänger in die großen Wüstengebiete im Westen des Iraks zurückziehen und dort Guerilla-Angriffe planen. Zudem ist die Miliz noch immer in der Lage zu Attentaten.

Auch im benachbarten Bürgerkriegsland Syrien steht die Jidhadistengruppe unter Druck. Dort ist eine von Kurden angeführte Allianz bis in die nordsyrische IS-Hochburg Raqqa (Rakka) vorgerückt. (red, APA, dpa, 10.7.2017)