Berlin – Der Berliner Weihnachtsmarktattentäter Anis Amri hat möglicherweise doch einen tunesisches Ausweis besessen, der seine frühzeitige Abschiebung hätte ermöglichen können. Das berichtete die "Welt" am Dienstag.

Amri war in Deutschland unter vielen verschiedenen Falschidentitäten registriert. Seine Abschiebung scheiterte mehrfach daran, dass die tunesischen Behörden die nötigen Papiere nicht vorlegten. Die "Welt" berichtete nun, dass Amri womöglich doch über einen tunesischen Reisepass verfügte. Die Zeitung beruft sich auf ein jetzt vom Berliner Landeskriminalamt ausgewertetes Telefonat vom April 2016 zwischen Amri und einem Bekannten.

"Mach die Bilder aus dem Pass und wirf ihn weg"

Dieser teilte Amri demnach mit, dass er dessen Reisepass in der Moschee gefunden habe. "Mach die Bilder aus dem Pass und wirf ihn weg – ich brauche ihn nicht mehr", soll Amri daraufhin gesagt haben. Das Gespräch wurde dem Bericht der "Welt" zufolge von den Ermittlern zwar aufgezeichnet, jedoch erst später übersetzt, protokolliert und ausgewertet. Der Hinweis auf den Reisepass wurde zudem nicht an die Behörden weitergeleitet.

Der Berliner FDP-Innenexperte Marcel Luthe sagte der Zeitung: "Wenn diesem Hinweis nachgegangen worden wäre, hätte man ihn damit vielleicht frühzeitig abschieben können – das muss jetzt weiter aufgeklärt werden."

Auch der Vorsitzende des Berliner Untersuchungsausschusses zum Fall Amri, Burkhard Dregger, sieht Aufklärungsbedarf. Es müsse nun gründlich aufgearbeitet werden, ob es nicht doch Gelegenheiten gab, Amri vor seinem Anschlag nach Tunesien abzuschieben. Amri hatte auf einem Berliner Weihnachtsmarkt am 19. Dezember 2016 mit einem Lastwagen elf Menschen getötet und knapp hundert schwer verletzt. Wenige Tage später wurde er bei einer Polizeikontrolle in Italien erschossen. (APA, 11.7.2017)