Sebastian Kurz beim Puls-4-"Sommergespräch".

Foto: Puls 4/screenshot

Corinna Milborn versucht es. Zwischenfragen sind bei Sebastian Kurz jedoch schwer einzuschleusen. Die Themen sind komplex, erfordern ohnedies Wortreichtum. Zudem lässt sich diese letzte Chance der ÖVP ungern unterbrechen. Kurz braucht zwar "keine Studie, um zu sehen, was" im roten "Wien falsch läuft". Für seine Positionen will er aber Zeit und verschafft sich diese mit "Einen Satz noch dazu ..." oder "Mir ist wichtig, ganz ehrlich ..." oder "Zu dem, was ich bedenklich finde, nur noch ein Satz ...".

Da kann Milborn oft nur gewährend tief Luft holen und Klischeebegriffen wie "Mehrheitsbevölkerung", "Abschottung", "Parallelgesellschaft" lauschen. Wenn er schon dabei ist, vermutet Kurz auch einen "zweiten versteckten Lehrplan" im Bereich islamischer Frühpädagogik. Und die Schließung der Mittelmeerroute, "Flüchtlingszentren" und die "Zuwanderung ins Sozialsystem" bekommen ebenfalls ihren Auftritt. Armer Strache, dachte vielleicht mancher – da bleibt ja nur noch, Protest wegen Teilplagiats einzulegen.

Im Gegensatz zum oft aufgeregten Tonfall des FPÖlers schafft es Kurz, dessen gestischer Stil wirkt, als würde er einen Medizinball halten, auch noch, im Bereich des sympathisch Offenen zu verweilen.

Zum Finale hin – es ging zuvor um Volksgesundheit und Staatsschulden – bittet Milborn um kleine Wortreflexe zu Begriffen: "Was fällt Ihnen zu Kurz ein?" – "Ist halt mein Name", haucht Kurz und erklimmt den Gipfel der Bescheidenheit. War kein Nachteil.

In der OGM-Umfrage bekam er 63 Prozent Zustimmung für seinen Gesamtauftritt. Bessere Werte als Strache und Kanzler Christian Kern. Beide lagen bei heiklen 50 Prozent. (Ljubiša Tošić, 11.7.2017)