Das SOS-Kinderdorf in Beira in Mosambik ist eines der ersten, das einer Analyse unterzogen wird. Weitere neun folgen bis Jahresende.

Foto: SOS-Kinderdorf

Salzburg – Die Region rund um Beira, die zweitgrößte Stadt in Mosambik, ist jährlich von Überschwemmungen betroffen. Hinzu kommen immer wieder Zyklone und Erdbeben. Die Region wurde auch schwer durch den Bürgerkrieg getroffen. Die Zahl der Straßenkinder in Beira hat zugenommen. Seit sechs Jahren gibt es dort ein SOS-Kinderdorf. Dieses wird derzeit in einer Pilotstudie mithilfe von Geodaten einer Risikoanalyse unterzogen, die das Kinderdorf für den Ernstfall vorbereiten soll.

"In einer sich verändernden Welt, in der es immer mehr extreme Wetterphänomene gibt, die auch durch den Klimawandel verstärkt zutage treten, müssen wir uns überlegen, wie wir die Projekte sicherer machen können", sagt der Nothilfedirektor von SOS-Kinderdorf International, Andreas Papp. Deshalb werde moderne Satellitentechnologie eingesetzt und mit dem Wissen der Kollegen vor Ort kombiniert, um Gefahren, Risiken und die Verwundbarkeit der Region zu ermitteln.

Zehn SOS-Kinderdörfer werden analysiert

Zusammen mit dem Interfakultären Fachbereich Geoinformatik (Z_GIS) der Universität Salzburg wurde dafür das Projekt Riva-SOS gestartet. Die Geoinformatiker erstellen Risiko- und Verwundbarkeitsanalysen für vorerst zehn SOS-Kinderdörfer weltweit. Dabei werden Daten von der Plattform OpenStreetMap, von nationalen Behörden sowie global aufgezeichnete Konfliktkarten und Satellitendaten miteinbezogen.

"Beim ersten Teil der Untersuchung, der sogenannten Desk-Studie, werden zunächst mögliche Naturgefahren und Verwundbarkeiten identifiziert", erklärt Projektleiter Stefan Kienberger. "Im zweiten Schritt fahren wir in das SOS-Kinderdorf und führen unter anderem Befragungen vor Ort durch, um die Analysen zu verfeinern." Dazu wurde ein standardisierter Fragebogen entwickelt.

Wie eine Naturgefahr zur Katastrophe wird

Aufgrund verschiedener Verwundbarkeitsindikatoren wie Armut, Erreichbarkeit, Frühwarnungssysteme oder die Distanz zum nächsten Krankenhaus werde ein Risikoindex erstellt, sagt Kienberger. "Diese Verwundbarkeiten definieren, wie etwa eine Naturgefahr zur Katastrophe wird." Die erstellten Karten weisen auch mögliche Evakuierungswege oder die nächsten erreichbaren Spitäler aus. So könne ein Reaktionsplan für die Region erstellt werden.

Die Verantwortlichen vor Ort sollen damit in Krisen und Katastrophenfällen rasch und effizient reagieren können. Anhand der Analysen werden sogenannte "emergency packs" individuell für die einzelnen Standorte zusammengestellt. Diese enthalten Notfallmaterial wie Medizin, Nahrung, Wasserfilter, Zelte oder etwa Baumaterial für Notfallhäuser. Von der Vorsorge für Krisen und Katastrophen profitiert nicht nur das Kinderdorf, sondern es haben auch Familien aus der Umgebung etwas davon. Die aus den Analysen generierten Informationen würden auch mit lokalen Hilfsorganisationen und NGOs vor Ort geteilt, sagt Notfallhilfedirektor Papp.

Bis Ende des Jahres werden neben dem SOS-Kinderdorf in Mosambik und einer zweiten Pilotanalyse in Quito in Ecuador Risikokarten für acht weitere Kinderdörfer weltweit erstellt. Bis 2020 sollen SOS-Kinderdörfer in insgesamt 40 Ländern analysiert werden, wie bei einer Präsentation des Projekts beim Symposium Agit für angewandte Geoinformatik vergangene Woche berichtet wurde. Finanziert werden die 500.000 Euro für die Pilotstudie von der Allianz-Gruppe. (Stefanie Ruep, 15.7.2017)