81 Prozent der Ärzte und Ärztinnen sagen Nein, wenn es um ihre namentliche Nennung als Bezieher von Pharmahonoraren geht. Das Gesundheitsministerium hofft ebenso wie Ärztekammer und Pharmig auf mehr Transparenz. Cochrane Österreich hingegen spricht von einer "Farce" und fordert ein Gesetz.

21 Millionen Euro haben österreichische Ärzte und Ärztinnen für Vorträge, Beratungen, die Teilnahme an wissenschaftlichen Beiräten und zur Unterstützung von Weiterbildung bekommen.

Ministerium bedauert

Dass die große Mehrheit der Honorarempfänger auch 2016 unbekannt geblieben ist, bedauert man im Gesundheitsministerium und fügt hinzu: "Das Gesundheitsministerium tritt zwar pauschalem Misstrauen gegenüber Beziehungen zwischen Ärzteschaft und Pharmaunternehmen entgegen, andererseits gibt es aus gutem Grund den Grundsatz zur Offenlegung potenzieller Interessenkonflikte." Sollte sich weiterhin nichts daran ändern, dass die überwiegende Mehrheit der Ärzte einer Veröffentlichung nicht zustimmt, müsste man auf EU-Ebene über gemeinsame Schritte diskutieren – dabei aber den Datenschutz besonders berücksichtigen.

Zwischen Freiwilligkeit und Gesetz

Der Verband der pharmazeutischen Industrie (Pharmig) und die österreichische Ärztekammer sprechen sich weiterhin gegen eine gesetzliche Pflicht zur Offenlegung aus. Man setze auf Freiwilligkeit, weil das auch Motivation und Überzeugung fördere. Sollte die Rate der Offenlegungen in absehbarer Zeit nicht über 50 Prozent liegen, werde man sich aber nicht gegen eine gesetzliche Regelung wehren, so die Ärztekammer auf Nachfrage. 2016 ist die Offenlegungsrate – wie 2015 auch – bei rund 19 Prozent gelegen.

Sunshine Act

In den USA wurden mit dem 2010 verabschiedeten Sunshine Act Pharmafirmen verpflichtet, alle Zahlungen, die zehn US-Dollar übersteigen, namentlich offenzulegen. Alle Namen können in einer öffentlich zugänglichen Datenbank abgefragt werden. Für Österreich haben die Tageszeitung DER STANDARD, das gemeinnützige Recherchezentrum Correctiv.org und der ORF eine solche Datenbank erstellt.

Für eine "Farce" hält hingegen Gerald Gartlehner, Direktor von Cochrane Österreich, einem Zentrum für unabhängige Gesundheitsinformation, die freiwillige Offenlegung: "Es versuchen sich hier zwei Mitspieler gegenseitig zu regeln, die beide das Problem des Ganzen sind." Die derzeitige Praxis gehe auf Kosten des gesamten Gesundheitssystems, weil die Ausgaben der Pharmaindustrie für die Ärzteschaft über die Medikamentenpreise refinanziert werden müssen.

Es brauche klare gesetzliche Regeln, so Gartlehner. Dadurch könnte auch geregelt werden, dass Geld nicht mehr direkt an medizinische Einrichtungen und Ärzte fließt, sondern in einen Fonds, der Studien und Weiterbildung finanziert. Anleihen könnte man aus den USA und der dortigen Automobilindustrie nehmen, wo ein unabhängiger Fonds zur Finanzierung von Studien etabliert wurde. "Etwas Ähnliches wäre auch bei der Pharmaindustrie möglich", sagt der Direktor von Cochrane Österreich.

Neben Studien wäre es auch möglich, aus einem solchen Fonds die Weiterbildung von Ärztinnen und Ärzten zu finanzieren. Denn Fortbildung kostet mehrere tausend Euro jährlich. Entfällt die Unterstützung der Pharmaindustrie und springt die öffentliche Hand nicht ein, müsste die Ärzteschaft die verpflichtenden Schulungen aus der eigenen Tasche zahlen. (red, 12.7.2017)