Brasiliens ehrgeiziger Bundesrichter Sérgio Moro hat den Präsidentschaftsträumen der Linken eine möglicherweise entscheidende Wendung ins Negative gegeben. Ex-Staatschef Luiz Inácio Lula da Silva steht kurz vor dem politischen K. o. Schon zwei Jahre ziehen sich die Korruptionsermittlungen gegen Lateinamerikas ehemalige Linksikone hin. Bisher ergingen nur Urteile gegen ehemalige hochrangige Mitstreiter Lulas – gegen ihn selbst ist die Beweislage nach wie vor vage.

Trotzdem verurteilte Moro den ehemaligen Gewerkschaftsführer zu mehr als neun Jahren Haft wegen Korruption und Geldwäsche. Sollte das Urteil bestätigt werden, kann Lula nicht bei der Präsidentschaftswahl 2018 antreten. Dabei hätte er gute Siegeschancen – vor allem aus Mangel an Alternativen. Brasiliens ehemaliger Hoffnungsträger verkörpert schon lange nicht mehr einen politischen Aufbruch. Zwar revolutionierte der Arbeiterführer die Sozialsysteme, er steht aber auch für verfehlte Wirtschaftspolitik.

Für Lulas Anwälte ist die Strategie klar: Sie müssen auf Zeit spielen. Wenige Stunden nach der Verkündung des Urteils zerpflückten sie es bereits. Sie kündigten an, wenn nötig sogar bis vor die Vereinten Nationen zu ziehen. Die Unterstützung der Volksmassen ist ihnen sicher. Im brasilianischen Machtpoker schlägt das Pendel derzeit für Richter Moro aus. Doch auch das könnte sich schnell ändern. Brasiliens Politik liegt in den Händen der Gerichte.(Susann Kreutzmann, 13.7.2017)