Mittelmeerroute schließen, Panzer auf den Brenner stellen, Islamkindergärten verbieten, Erdogan-Wählern die österreichische Staatsbürgerschaft aberkennen und so weiter und so fort: Das Thema Ausländer in allen nur erdenklichen Spielarten ist ein Dauerbrenner – und wird das wohl auch im gesamten Wahlkampf bleiben. Der Grund für die Fixiertheit der österreichischen Politiker auf dieses Thema ist einleuchtend: Viel zu viele Player im politischen Geschehen sind daran interessiert, dass nichts anderes von Belang aufkommt.

Das hat mehrere Gründe: Einerseits ist das Thema eingängig und leicht vermittelbar. Viele Wahlberechtigte, ohnehin grantig auf "das System", "die Politik" und "linke Gutmenschen", lassen sich leicht und gern überzeugen, wer an ihren Problemen und ihrem Weltenjammer schuld ist.

Aber auch auf der anderen Seite "funktioniert" das Thema gut – etwa bei jenen, die gleich einmal die Rassismuskeule schwingen, wenn tatsächlich vorhandene Probleme angesprochen werden.

Beiden Seiten muss man Empfänglichkeit für simple (Schein-)Lösungen vorwerfen. Beide Extrempositionen spielen jenen Partei-Spindoktoren in die Hände, die nach einfachen und eingängigen Wahlslogans suchen, um ihre "Botschaften" auch in zehn Sekunden TV-Sendezeit platzieren zu können. Dass die Thematik bei näherer Betrachtung mindestens genauso komplex ist wie die Frage von Verteilungsgerechtigkeit und Steuererleichterungen, wird bis zum Wahltag (und meist auch darüber hinaus) geflissentlich ignoriert – Hauptsache, die Symbole und die Schlagworte passen.

Obsolete Frage nach Schmied und Schmiedl

Die FPÖ spielt seit Jahrzehnten virtuos auf dieser Klaviatur. So gesehen ist sie für die Nationalratswahlen gut aufgestellt. Ihr Pech ist nur, dass es sich mit dem Ausländerthema momentan so verhält wie einst mit Öko und Bio: Seit es Politiker aller Couleur mit Verve besetzen, stellt sich kaum mehr die Frage, wer bei diesem Thema einst der Schmied und wer der Schmiedl war. ÖVP-Spitzenkandidat Sebastian Kurz vertritt mit entwaffnender Höflichkeit tiefblaue Positionen, und zumindest laut Umfragen gefällt das den Wählern.

Auf der anderen Seite stehen die Grünen, die mannigfaltige Probleme haben, aber nicht mit dem Ausländerthema. Hier sind sie klar gegen Blau und Schwarz positioniert, ebenso die Neos, deren Wählern Wirtschaftsthemen ohnehin wichtiger sind.

Bleibt die SPÖ, die von Angstlust getrieben ist. Auf der einen Seite stehen Hans Niessl und Hans Peter Doskozil, die lieber heute als morgen Grenzen schließen wollen. Auf der anderen Michael Häupl, Parteijugend und Intellektuelle, die eine klare inhaltliche Trennlinie zu blauen Positionen fordern. Und in der Mitte steht Christian Kern, der zwar die von Kurz geforderte Schließung der Mittelmeerroute als "populistischen Vollholler" ablehnt, andererseits aber dann doch sieben Punkte genau dazu präsentiert.

Das Ausländerthema ist für die SPÖ das größte Problem, weil es die inhaltliche Widersprüchlichkeit der Partei zeigt. Die einen wollen modern sein, sich öffnen, keine Angst haben. Die anderen sehnen sich nach Sicherheit, Überschaubarkeit, (sozialpartnerschaftlicher) Tradition. Für Kern ein schwieriger Balanceakt, auch deshalb, weil die SPÖ noch keine gemeinsame Haltung gefunden hat. Das wird sie freilich müssen, denn das Thema wird nicht von alleine wieder verschwinden. Dazu sind alle viel zu fixiert. (Petra Stuiber, 16.7.2017)