Bild nicht mehr verfügbar.

Die neueste Entdeckung der internationalen Philematologie: Nicht nur westliche Popstars auf der Bühne – wie hier Britney Spears und Madonna – neigen sich beim Küssen nach rechts. Dazu neigen auch klandestin schmusende Paare in Südasien.

AP

Dhaka/Wien – Ja, auch die Kussforschung hat, wie es sich für jedes ernsthafte Forschungsfeld gehört, einen wissenschaftlichen Namen: Die Philematologie hat auch schon allerhand Erstaunliches über diese zwischenmenschliche Vergnügung herausgefunden. Bei einem zehn Sekunden dauernden Zungenkuss etwa wird nicht nur Speichel, sondern auch rund 80 Millionen Bakterien übertragen. Dennoch ist Küssen gut für das Immunsystem und die Gesundheit. Pro Minute Küssen verbrauchen wir zudem 6,4 Kalorien.

Siegeszug westlicher Praktiken

(Zungen-)Küssen ist weit, aber nicht weltweit verbreitet: Wie eine Studie im Fachblatt "American Anthropologist" aus dem Jahr 2015 zeigte, wird nur in knapp der Hälfte der untersuchten 168 Kulturen auf eine romantische Art und Weise geküsst. In einigen wenigen Regionen gilt das Küssen gar als ekelhaft. Doch die Globalisierung sorgt natürlich auch in diesem eher intimen Bereich für den Siegeszug westlicher Kusspraktiken.

Dennoch wäre es philematologisch falsch, so einfach von westlichen Schmuse-Usancen auf Praktiken beispielsweise in Bangladesch zu schließen, wo eine etwas andere Kusskultur herrscht.

Ein Land mit Kusszensur

Um diese Forschungslücke zu schließen, haben Neurophysiologen der Unis in Dhaka (der Hauptstadt von Bangladesch) und Bath (England) knapp 50 verheiratete Paare dieses südasiatischen Landes gebeten, sich innerhalb der eigenen vier Wände zu küssen. Bangladesch wurde deshalb gewählt, weil dort öffentliches Küssen verboten ist und auch in Film und Fernsehen zensuriert wird.

Die Auswertung der diskreten Versuchsanordnung (die Probanden erzählten den Forschern in einem Nebenraum unabhängig voneinander vom Kuss) ergab sich folgendes Bild, wie Rezaul Karim und Kollegen im Fachblatt "Scientific Advances" berichten: 80 Prozent der Kussinitiativen gingen von den Männern aus, die ihren Kopf dabei sehr viel öfter nach rechts als nach links legten. Eine rechte Kopfhaltung beim Mann führte quasi automatisch dazu, dass auch die Frau ihren Kopf nach rechts neigte. Ausnahmen gab es, wenn linkshändige Männer mit dem Kuss begannen.

Neurophysiologische Konstanten

Aufgrund des öffentlichen Kusstabus in Bangladesch gehen die Forscher davon aus, dass die Probanden die praktizierte Form des Küssens sich nirgendwo abgeschaut haben, sondern dass es so etwas wie neurophysiologische Kusskonstanten gibt, die auch mit den unterschiedlichen Hirnhemisphären zu tun haben. Weitere Studien sollen diese Vermutung erhärten. (tasch, 19.7.2017)