Man kann den Vorschlägen der Experten zum Maßnahmenvollzug nur zustimmen: Eigene Anstalten, in denen psychisch kranke Inhaftierte bessere Betreuung und Therapie erhalten, weniger Insassen und bessere ambulante Betreuung – all das wären sinnvolle Reformen. Dass sie nun doch nicht, wieder nicht, umgesetzt werden, ist der größte Kritikpunkt an dem Papier: Justizminister Wolfgang Brandstetter hat sich am Ende nicht getraut.

Dass der Maßnahmenvollzug ein menschenrechtliches Problem darstellt, ist seit Jahren bekannt. Als der Falter den Skandal der Nichtbehandlung eines Schwerkranken in der Haftanstalt Stein öffentlich machte, zeigte sich Brandstetter glaubwürdig empört und reformbereit. Eine hochkarätig besetzte Arbeitsgruppe lieferte bereits 2015 eine exzellente Grundlage. Und dann ermordete ein psychisch Kranker eine Passantin am Brunnenmarkt in Wien, und alles wurde wieder auf Eis gelegt.

Die Furcht vor der öffentlichen Meinung hatte über die Vernunft gesiegt, das Zeitfenster für eine Reform war geschlossen. Jetzt, im Wahlkampf, bleibt es umso fester zu. Man darf bezweifeln, dass es sich nach der Wahl wieder öffnet. Menschenrechtlich korrektes Verhalten gegenüber Straftätern ist unpopulär. Es wäre Aufgabe fortschrittlicher Justizpolitik, das Notwendige dennoch zu tun. Aber offenbar ist man in Österreich, 42 Jahre nach Christian Brodas Strafrechtsreform, noch immer nicht so weit. (Petra Stuiber, 18.7.2017)