Am Beispiel des Weltkulturerbeortes Hallstatt zeigt sich, dass Behörden nicht immer willkommen sind.

APA/BARBARA GINDL

Wien – Wennst amoi‘ wo eini stichst, dann hot‘s di meist scho‘ – streift man als williger Altbausanierer etwa durch das Mühlviertel, hört man nicht selten eben diesen Satz. Die Mischung aus Mitleid, Warnung und einem Funken Bewunderung kommt dann zudem von ehemaligen Bauherren, die die Phasen der Wiederbelebung eines komatösen Altbaus durchlaufen haben. Und wer sich von wohlgemeinten Ratschlägen nicht abschrecken lässt und sich für ein Nahverhältnis zur Hilti entscheidet, wird im Bauschweiße seines Angesichts merken: Mit der Romantik hinter den Holzkastenfenstern ist es mitunter schnell vorbei.

Doch die eigentliche Problematik tut sich oft vor dem Bauzaun auf: Insbesondere im Bereich der Sanierung von Baudenkmälern – geschützten Objekten gemäß Denkmalschutzgesetz – sieht man sich in Österreich mit einem kaum durchschaubaren Geflecht aus gesetzlichen Anforderungen und bausubstanzrelevanten Vorschreibungen konfrontiert.

Heikler Spannungsbogen

Besonders heikel wird der Spannungsbogen zwischen dem privaten und öffentlichen Interesse an der Erhaltung, der Finanzierbarkeit und geltenden rechtlichen Verpflichtungen bei Unternehmen, die eine Vielzahl an historischen Gemäuern ihr eigen nennen. Und genau dort regt sich jetzt auch der Widerstand gegen eine überbordende Bürokratie am Bau.

Die Bundesimmobiliengesellschaft (BIG), das Institut für den Wirtschaftsstandort Oberösterreich, der Österreichische Burgenverein und die Burghauptmannschaft Österreich haben gemeinsam eine Studie in Auftrag gegeben – mit einem klaren Ziel: Bessere rechtliche Rahmenbedingungen für Baudenkmäler zu schaffen. Die gut 35 Seiten starke Problemanalyse oblag der Wiener Unternehmensberatung "Kovar & Partners". Befragt wurden Fachleuten, die als Planer, Wissenschafter, Bauunternehmer, Projektmanager, Eigentümer oder als Behördenvertreter mit der Sanierung und Erhaltung von denkmalgeschützten Gebäuden langjährig beschäftigt sind.

Verzicht auf Nutzung

Und das Fazit ist durchaus ernüchternd: "Es zeigt sich klar, dass eine wirtschaftlicher Nutzung von historischen Bauten und Baudenkmälern aufgrund der bestehenden gesetzlichen Regelungen oft nicht möglich ist – obwohl diese für den Erhalt erforderlich wäre", erläutert Andreas Kovar im Standard-Gespräch.

Konkret sollen, laut Schätzungen der Befragten bis zu 50 Prozent des geschützten bzw. historischen Baubestandes aufgrund bestehender Hürden nicht entwickelt oder nicht der gewünschten Nutzung zugeführt werden können. Kovar: "Ein Kritikpunkt zog sich wie ein roter Faden durch die Gespräche: Es ist schlicht unvernünftig, Regeln für das Bauen neuer Gebäude auf historische, insbesondere denkmalgeschützte Gebäude anzuwenden."

Im Bereich des Denkmalsschutzes etwa offenbart die Expertise durchaus regional unterschiedliche Problemfelder: Entscheidungen würden regional viel zu stark von einzelnen Mitarbeitern abhängen und sachlich nicht nachvollziehbar sein. Deren Auftreten in Verfahren würde mitunter deren subjektives (Amts)Verständnis von der Aufgabe des Denkmalschutzes zum Ausdruck bringen. Die Vorwürfe würden bis zu klar unzulässigen Eingriffen in Entscheidungen der Bauherren reichen, heißt in der Studie.

Weiters würden in Österreich auch entsprechende steuerliche Anreize fehlen. So gibt es in Österreich zwar eine "Denkmal-Afa" (Absetzung für Abnutzung), allerdings nur für historische Betriebsgebäude, und nur, wenn keine öffentlichen Fördermittel oder Investitionsfreibeträge in Anspruch genommen wurden. Kovar: "Während in Deutschland das Finanzrecht mit der ’Denkmal-AfA’ auch die private Nutzung und damit indirekt den Erhalt historischer Gebäude fördert, gibt es in Österreich keine fiskalischen Anreize, um die Sanierungsrate im denkmalgeschützten Bestand zu heben. Im Gegenteil, im Rahmen des Vorsteuerabzuges riskieren die Eigentümer, dass die Finanzbehörden die Projekte als Liebhaberei werten. "Damit würden gerade große Investitionen verhindert werden.

Heikle Rechtslage

Ein besonders heikles Problemfeld ist der Bereich der Haftung. Diese wird bei Bestandsobjekten durch drei Rechtsmaterien geregelt. Laut Öffentlichem Recht müssen Gebäude, die entsprechend der bei Errichtung geltenden Baubewilligung gebaut wurden, nicht gemäß dem Stand der Technik nachgerüstet werden. Der Eigentümer muss das Gebäude lediglich in einem guten Zustand erhalten. Gemäß Privatrecht ist ein Eigentümer zur Verkehrssicherheit verpflichtet – er muss dafür sorgen, dass Gänge und Treppen keine Gefahrenquelle darstellen. Im Schadensfall gilt meist die Beweislastumkehr, der Gebäudeeigentümer muss also nachweisen, dass er alle notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen getroffen hat, um Gefahren abzuwenden. Laut Strafrecht ist ein Eigentümer strafbar, wenn er Sicherheitsvorkehrungen unterlässt.

Der rechtliche Graubereich wird aber an einem konkreten Urteil deutlich: Ein Eigentümer eines Mehrparteienhauses wurde wegen fahrlässiger Tötung verurteilt, weil ein älterer Mann über eine Stiege gestürzt und in der Folge verstorben ist, bei der es gemäß der zum Unfallzeitpunkt noch geltenden Baubewilligung aus dem 19. Jahrhundert nie ein Geländer gegeben hatte. Dennoch urteilte der Oberste Gerichtshof, dass zwei Handläufe gemäß der aktuell geltenden Wiener Bauordnung angebracht werden hätten müssen. "Für die Eigentümer bedeutet der Widerspruch zwischen statischem Öffentlichen Recht sowie dynamischem Privat- und Strafrecht vor allem eines: rechtliche Unsicherheit", ist Studien-Autor Kovar überzeugt.

Generell sei jetzt die Aufgabe der Politik entsprechende Deregulierung-Maßnahmen einzuleiten. Kovar: "Es gibt keine Ausreden mehr, die Studie zeigt klar die Probleme auf.) (Markus Rohrhofer, 20.7.2017)