Regensburg/Wien – Die hunderten Missbrauchsfälle bei den renommierten Regensburger Domspatzen sind kein Einzelfall, sagte Christine Bergmann am Mittwoch zum Deutschlandfunk. Die SPD-Politikerin ist Mitglied der unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs. Die viele körperliche, psychische und sexuelle Gewalt sei nichts, das "jemandem mal so aus Versehen passiert", sagte sie.

Kapellmeister Roland Büchner erhob schwere Vorwürfe gegen seinen Vorgänger Georg Ratzinger: "Es herrschte ein System der Angst", sagte er der Zeit über den Bruder von Papst Benedikt XVI. als Chorleiter, dem vorgeworfen wird, manches gewusst zu haben und nicht eingeschritten zu sein.

Entschuldigung des Kardinals gefordert

Der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, forderte im Bayrischen Rundfunk eine Entschuldigung von Kardinal Gerhard Ludwig Müller, der Bischof von Regensburg war, als 2010 die Missbrauchsvorwürfe öffentlich wurden. Ihm wird vorgeworfen, die Aufklärung des Skandals jahrelang verzögert zu haben. Erst Nachfolger Rudolf Voderholzer hatte mit Anwalt Ulrich Weber einen Sonderermittler eingesetzt.

Weber hatte am Dienstag den Abschlussbericht seiner zweijährigen Untersuchungen präsentiert. Darin sind 547 Missbrauchsfälle verzeichnet, die als hoch plausibel eingestuft werden. 69 Personen sollen Opfer sexueller Gewalt gewesen sein. 300 Betroffene erhielten Anerkennungszahlungen über insgesamt 450.000 Euro. Opfer haben Anspruch auf Beträge zwischen 5000 und 20.000 Euro. Drei Millionen Euro will das Bistum Regensburg insgesamt zahlen. Dadurch, dass die Missbrauchsfälle strafrechtlich verjährt sind, ist das die einzige Möglichkeit für Opfer, finanzielle Anerkennung zu erhalten. (bbl, 20.7.2017)