Die vier Betreiberinnen bemühen sich darum, eine möglichst inklusive Zusehercommunity aufzubauen.

Foto: Misscliks

Videospiele als Hobby sind immer mehr Teil des Mainstreams. Die Industrie wächst kräftig und auch E-Sport wird in unseren Breitengraden immer populärer. Doch Gaming hat in den vergangenen Jahren nicht nur für positive Schlagzeilen gesorgt. Gut in Erinnerung sind noch die "Gamergate"-Kampagne, wo sich aus dem vorgegebenen Kampf für unbeeinflussten Spielejournalismus regelrechte Kampagnen gegen weibliche Entwickler und Spieler entwickelten. Oder der über EA Sports hereinbrechende Shitstorm, als man die Aufnahme von Frauenteams in die "Fifa"-Reihe bekanntgab.

Sexistische Kommentare kennt man auch beim Twitch-Channel Misscliks, wo sich verschiedene Gastgeber in einer Reihe von Shows mit Tabletop-Games und Videospielen beschäftigen. Die männlichen Hosts werden des Öfteren als "Pimps" bezeichnet, die sich glücklich schätzen könnten, einen solchen "Harem" an Kolleginnen zu haben.

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Gemeinschaft gegen Trolle

Aussagen wie diese würden bei vielen anderen Channels toleriert oder erst von einem Moderator sanktioniert. Bei Misscliks springt die Sehergemeinschaft selber bei und weist Trolle in die Schranken, berichtet die New York Times. Die Channel-Zuschauer erklären geduldig, dass man hier auch unterrepräsentierten Gamern einen Raum bieten wolle, an dem sie sich sicher vor Belästigung fühlen könnten. Wer diesem Reglement nicht Folge leisten möchte, wird temporär oder – in manchen Fällen – auch sofort dauerhaft gesperrt.

Misscliks gehört zu den ersten Kanälen auf dem in Besitz von Amazon befindlichen Streamingnetzwerk, der sich explizit auf die Fahnen geschrieben hat, eine möglichst inklusive Community zu schaffen. Geführt wird das Projekt von vier Frauen, die aus der Videospielbranche, dem E-Sport und auch von Twitch selber kommen. Anna Prosser Robinson arbeitet beim Streamingdienst und holte Genevieve Forget von Ubisoft, die (ebenfalls bei Ubisoft tätige) Counter-Strike-Spielerin Stephanie Harvey und Stephanie Powell vom Online-Tabletop-Service Roll20 ins Boot.

Normalisierung

Ihr Antrieb für die Gründung des Kanals war der oft ungerechte Umgang mit Frauen in der Games-Industrie und Community. Sie wollen helfen, spielende und in der Entwicklung tätige Frauen zu einem Teil der Normalität zu machen, da sie von vielen immer noch wie ein "glitzerndes Einhorn" betrachtet würden.

Die verschiedenen Shows auf dem Kanal reichen von Live-"Let’s Plays" über Tabletop-Sessions bis hin zu Diskussionen über Blizzards Online-Battle-Arena "Heroes of he Storm". Das Publikum ist eingeladen, Ideen für weitere Formate einzureichen. In einem internen Chat können sich die Channelbetreiber und Gastgeber austauschen und um Hilfe ersuchen, wenn sie sich Belästigungen durch Zuseher ausgesetzt sehen.

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Misscliks ist für die vier Betreiberinnen ein Freizeitprojekt. Mit 24.000 Abonnenten ist der Kanal ein Zwerg, wenn man ihn mit den populärsten Streamern vergleicht, die ein Millionenpublikum anziehen. Man erzielt zwar Einnahmen, diese würden aber direkt an die Gastgeber und in den Ausbau des Kanals fließen.

Branche strebt nach mehr Offenheit

Neben Projekten wie Misscliks tut sich freilich noch mehr in der Gamesbranche. Bei Twitch selbst wurden die Moderationsmöglichkeiten deutlich ausgebaut. Channelbetreiber können mittlerweile Nutzer zu Moderatoren erheben und bestimmte Wörter und Links aus dem Chat verbannen. Zuseher können problematische Meldungen schnell melden. Ein auf Maschinenlernen basierendes System namens "Automod" durchforstet zudem eigenständig die Konversationen und blockieren Problem-Inhalte.

Hinter solchen Bemühungen stehen neben dem Streben nach Inklusion und Gleichberechtigkeit auch handfeste wirtschaftliche Interessen. Firmen aus der E-Sports-Branche bemühen sich zunehmend, ihre Spiele, Plattformen und Turniere attraktiver für Frauen zu gestalten. Der Anteil der Spielerinnen steigt kontinuierlich. Inklusives Klima und aktives Vorgehen gegen Sexismus und Belästigung sorgt damit langfristig auch für größere Akzeptanz des kompetitiven Gamens in der Gesellschaft. (red, 23.07.2017)