Bild nicht mehr verfügbar.

Streit um den rechten Patriotismus: Girkin zielte auf militärische Größe, Nawalny auf wirtschaftliche Stärke und soziales Wohlergehen, klagte aber auch über die Teilung des russischen Volks.

Foto: Reuters/Handout

Wer ist der bessere Nationalist? Zuweilen hat die im Internet-TV übertragene Debatte zwischen dem russischen Oppositionspolitiker Alexej Nawalny und dem einstigen Anführer der Separatisten im Donbass, dem russischen Geheimdienstoffizier Igor Girkin (Strelkow), bizarre Züge angenommen: "Sie sind kein Nationalist und nicht mal Patriot", warf Girkin dem derzeit wohl bekanntesten Anführer der russischen Opposition vor – und der wirkte sichtlich getroffen und versuchte, das Gegenteil zu beweisen: Er habe gegen die Verurteilung von Nationalisten ge- und die Teilung des russischen Volks stets beklagt, rechtfertigte sich Nawalny.

Vom "geteilten Volk in Europa" habe schon Adolf Hitler gesprochen. Die Folgen seiner Politik zur Vereinigung der Deutschen in einem Reich seien bekannt, warnte der liberale Politiker Boris Wischnewski vor einem Flirt mit den Nationalisten. Zudem warf er Nawalny vor, sein Gegenüber nicht hart genug angegangen und sich um die Bezeichnung "Kriegsverbrecher" gedrückt zu haben.

Scharf war die Auseinandersetzung dabei durchaus. Gerade Girkin, der in konservativen Kreisen Russlands nach der von ihm geleiteten Annexion der Krim und der Invasion im Donbass-Gebiet fast verehrt wird, offenbarte einmal mehr sein militantes und imperialistisches Denken, indem er die Rückholung von Weißrussland und der Ukraine in den Bestand des "Russischen Reichs" forderte.

Beredtes Schweigen

Hitzig wurde die Diskussion auch, als es um den Abschuss der Passagiermaschine über dem Donbass 2014 ging. Girkin dementierte, dass seine Einheiten über die entsprechenden Waffen verfügt hätten, die Boeing zu treffen. Zu anderen Versionen – zuletzt hatten Untersuchungen nahegelegt, dass die als Tatwaffe geltende Luftabwehrrakete Buk aus Russland eingeführt wurde – könne er sich nicht äußern, weil er nicht in die Ermittlungen involviert sei. "Es interessiert mich auch nicht", behauptete er. Dies ist zweifelhaft, schließlich geht es um ein Kriegsverbrechen, das dem Ansehen Russlands schwer geschadet hat.

Ob Nawalny mit der Debatte, bei der es zudem noch um das Thema Korruption ging, politisch Punkte sammeln konnte, ist fraglich. Girkin ist nicht Wladimir Putin, den Nawalny 2018 herausfordern will. Sein Versuch, Stimmen aus der nationalistischen Ecke zu sammeln, dürfte zudem einen Teil seiner liberalen Anhänger erschreckt haben. Für den 41-Jährigen ist die Teilnahme an der Wahl 2018 ohnehin mehr als unsicher, derzeit ist ihm das passive Wahlrecht verwehrt. In Russlands Staatsmedien war die Debatte kein Thema. (André Ballin aus Moskau, 22.7.2017)