Manuela Zinsberger parierte fast alle Schüsse der Französinnen. Lisa Makas (rechts) traf für Österreich.

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Wageningen – Grundsätzlich ist es noch möglich, das Viertelfinale zu verpassen. Aber es müsste schon fast mit dem Teufel zugehen. Ein Unentschieden am Mittwoch in Rotterdam gegen Island reicht den Österreicherinnen jedenfalls. Selbst mit einer Niederlage könnten sie weiterkommen. Dann nämlich, wenn Frankreich zeitgleich gegen die Schweiz zumindest remisiert.

Sollten Frankreich und Österreich verlieren, wäre das Torverhältnis ausschlaggebend. Derzeit halten beide Teams beim selben Torverhältnis. Ist das auch nach den beiden Spielen am Mittwoch der Fall, entschiede die geringere Anzahl der Gelben und Roten Karten über den Aufstieg.

Ziel: Nicht verlieren

So weit die Theorie, praktisch hat Österreich ein Ziel: zu punkten. "Es wäre hervorragend, die Vorrunde ohne Niederlage zu überstehen", sagt Teamchef Dominik Thalhammer. Das Wort Viertelfinale vermeidet er, wenn geht. Trotzdem, die Ansprüche sind gestiegen. Vor dem Turnier hatte man sich zumindest einen Punkt in der Vorrunde zum Ziel gesetzt.

Nach dem 1:0-Sieg gegen die Schweiz sagte Thalhammer: "Das habe ich mir in den kühnsten Träumen nicht erwartet." Nach dem 1:1 gegen Frankreich am Samstag sagte Thalhammer: "Vier Punkte nach zwei Spielen – das habe ich mir in den kühnsten Träumen nicht erwartet."

Französischer Frust

Es läuft einfach für Österreichs Team. Wie schon gegen die Schweiz war auch gegen Frankreich – den Weltranglistendritten – die Defensivleistung tadellos. Eine Leistung, die der französische Teamchef nicht wirklich anerkannte. "Ich bin frustriert. Wir hätten uns den Sieg verdient gehabt", sagte Olivier Echouafni nach der Partie. "Ich habe nicht dieselbe Idee von Fußball wie Österreich. Österreich hat sich nur hinten reingestellt." Thalhammer: "Es muss ja nicht seine Spielphilosophie sein."

Die Französinnen hatten mehr Spielanteile, trotzdem brachte Lisa Makas Österreich in Führung (27.). In der zweiten Hälfte erhöhten die Titelanwärterinnen das Tempo, aber mehr als der Ausgleichstreffer durch Amandine Henry (51.) war nicht drin. Auch weil Torfrau Manuela Zinsberger fast immer auf dem Posten war. Das Gegentor nahm sie auf ihre Kappe, den Fehler machte sie aber mehrfach wett.

"Es freut mich, der Mannschaft helfen zu können." In den letzten 20 Minuten wurde das Spiel zu einer Zitterpartie. Nach dem Schlusspfiff liefen die Spielerinnen jubelnd aufeinander zu. Das Auslaufen auf dem Feld im strömenden Regen wurde zur Ehrenrunde. Mit den Fans sang man "I am from Austria". In der Kabine und auf der Busfahrt von Utrecht zurück ins Teamquartier wurde tanzend und singend gefeiert.

Schnaderbeck erneut angeschlagen

Nicht mit im Bus war Viktoria Schnaderbeck. Die Kapitänin erlitt nach einem Foul von Henry eine Rissquetschwunde am Sprunggelenk. Sie wurde noch am Abend in einem Krankenhaus in Utrecht genäht. Ob sie am Mittwoch spielen kann, ist noch offen. Die 26-Jährige, die gegen Frankreich statt in der Innenverteidigung im defensiven Mittelfeld agierte, hatte an diesem Abend erstmals seit ihrer Knieverletzung wieder von Beginn an gespielt.

Thalhammer ärgerte sich über das "derbe Foul", das nicht geahndet worden war. "Das hätte Rot sein müssen." Sarah Zadrazil, die am Samstag wegen ihres Syndesmosebandeinrisses fehlte, dürfte fit werden.

Am Sonntag galt es, den Erfolg sacken zu lassen. Zinsberger: "Ich kann die Gefühlslage nicht einschätzen." Glückwunschnachrichten hat sie viele bekommen. "Auch von Leuten, die sich sonst selten melden."

Offensiver gegen Island

Vor allem war aber Regeneration angesagt. "Wir sind körperlich an unsere Grenzen gegangen", sagte Laura Feiersinger. Gegen die Isländerinnen, die nach dem 1:2 gegen die Schweiz keine Chance mehr auf den Viertelfinaleinzug haben, wird das ÖFB-Team wohl offensiver als zuletzt zu Werke gehen.

"Das Selbstbewusstsein", sagte Nicole Billa, "wächst täglich." Der Traum vom Viertelfinale ist gar nicht mehr kühn. Thalhammer: "Wir bleiben trotzdem bodenständig." (Birgit Riezinger, 24.7.2017)