Die 3D-Rekonstruktion und Merkmalsinterpretation von "Ponomarenkia belmonthensis basiert auf präzisen Zeichnungen des Holotyps und einer akkuraten 2D-Rekonstruktion.

Illustr.: Evgeny V. Yan/FSU Jena

Jena – Ohne Zweifel zählen sie zu den erfolgreichsten Tieren der jüngeren Erdgeschichte: Käfer machen heute mit knapp 400.000 beschriebenen Arten fast ein Drittel aller beschriebenen Organismen aus. Im Perm dagegen führten diese Insekten noch ein Schattendasein. Bisher bekannte Fossilien aus dieser Zeit vor rund 300 Millionen Jahren zeigten altertümliche Wesensmerkmale. Sie hielten sich großteils unter der Rinde von Nadelbäumen auf und besaßen noch keine vollständig verhärteten Deckflügel.

Nun allerdings ist internationalen Forschern der Nachweis einer ausgestorbenen Käferspezies geglückt, die Zoologen und Paläontologen gleichermaßen in Erstaunen versetzt: Das sehr "modern" anmutende fünf Millimeter kleine Tier aus dem oberen Perm – dem Zeitalter, in dem noch nicht einmal die Dinosaurier auf der Bildfläche erschienen waren – wirft ein völlig neues Licht auf die früheste Entfaltung in dieser Insektengruppe.

Aufwändige 3D-Rekonstruktion

Die Rekonstruktion und Merkmalsinterpretation von Ponomarenkia belmonthensis ist einem Team um Rolf Beutel und Evgeny V. Yan von der Friedrich-Schiller-Universität Jena (FSU) anhand einer aufwändigen 3D-Rekonstruktion gelungen. Wie sie gemeinsam mit dem Käferexperten John Lawrence und dem australischen Geologen Robert Beattie im "Journal of Systematic Palaeontology" berichten, weist die Art neuartige Merkmale auf, darunter perlschnurartige Antennen, Antennengruben und der ungewöhnlich schmale, spitz zulaufende Hinterleib.

Im Gegensatz zu bislang bekannten Käfern des Perm sind darüber hinaus die Deckflügel durchgehend verhärtet, die Körperoberfläche ist weitgehend glatt und die für die Fortbewegung zuständigen Brustsegmente weisen moderne Merkmale auf, erklärt Insektenpaläontologe Yan. Zudem habe der kleine Käfer anscheinend den vormals bevorzugten Aufenthalt unter Rinde aufgegeben und auf Pflanzen eine deutlich exponiertere Lebensweise geführt als seine Zeitgenossen.

"Bad Boy" verschwand vor dem Erdmittelalter

Wesentlich ist, dass sich die Gattung aufgrund ihrer Kombination ursprünglicher und moderner Merkmale in keine der vier noch lebenden Käfergroßgruppen einordnen lässt, weshalb Yan und Beutel ihr den Beinamen "Bad Boy" gegeben haben.

"Ponomarenkia belmonthensis zeigt vor allem, dass die ersten wesentlichen Aufspaltungsereignisse in der Evolution der Käfer schon vor dem Permisch-Triassischen Massenaussterben stattgefunden haben", berichtet Beutel. Die Käfer als Ganzes haben dieses dramatische Geschehen inklusive Versauerung der Meere und massiver Vulkaneruptionen wesentlich besser überstanden als die meisten anderen Organismengruppen – vermutlich durch das Leben an Land und das verstärkte Außenskelett. Der "Bad Boy" dagegen hatte weniger Glück: Es gibt im Erdmittelalter keinerlei Spuren mehr von seiner Existenz. (red, 24.7.2017)