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Wer in den Handel geht, bekommt am Anfang künftig mehr bezahlt.

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Wien – Nach drei Jahren des Feilschens haben die Sozialpartner am Montag einen neuen Kollektivvertrag für rund 404.000 Handelsangestellte in Österreich präsentiert. Er bringt eine flachere Gehaltskurve, genaue Definitionen der Tätigkeitsfelder und höhere Einstiegsgagen, betonten Handelsobmann Peter Buchmüller und der Chef der Privatangestelltengewerkschaft GPA, Wolfgang Katzian, am Montag in einer Pressekonferenz.

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Regionale Sonderregelungen, wie sie in den Bundesländer Salzburg und Vorarlberg bestanden, werden ebenfalls gestrichen. Aus acht Gehaltstafeln und zwei Gehaltsgebieten wird eine Gehaltstabelle (siehe Grafik). Niemand werde nach der Umstellung weniger verdienen als vorher, warb der GPA-Chef für das neue Regelwerk, mit dem Senioritätsprinzip und Vorrückungen deutlich abgeflacht, dafür aber das Bruttoeinstiegsgehalt für klassische Verkäufer von 1.546 auf 1.600 Euro monatlich (für Vollzeitangestellte mit Lehrabschluss) erhöht wird.

"Kosten im Auge behalten"

Die 1.600 Euro Mindestlohn würde es mit der Herbstlohnrunde vermutlich auch im alten KV geben, suchte Handelsspartenobmann Buchmüller Bedenken, der neue KV würde teurer als der alte, zu zerstreuen. "Wir haben die Kosten natürlich im Auge behalten. Außerdem erlaubt es die lange Umstellungsphase den rund 80.000 Handelsunternehmen in Österreich, gewisse Vorkehrungen zu treffen." Welche das sein könnten, sagte er nicht. Nur so viel: Mehrkosten würden von Zahl, Alter und Einstufungen des jeweiligen Betriebes abhängen.

Kostendämpfend wirken wird die Reduzierung der Vordienstzeiten, die angerechnet werden müssen, von 18 auf sieben Jahre. Katzian erhofft sich davon eine bessere Position für ältere Dienstnehmer auf dem Arbeitsmarkt. Sie sollten im Fall einer Kündigung leichter eine neue Anstellung finden. "Es gibt kein Einstellungshemmnis mehr", jubelte Katzian.

"Wir gewinnen alle bei diesem KV, es gibt keine Verlierer", versicherte auch Buchmüller. Die Migration in den neuen Tarifvertrag ist ab 1. Dezember zu jedem Monatsersten möglich, spätestens am 1. Dezember 2021. Der Wermutstropfen aus Sicht der Beschäftigten: Handelskonzerne könnten die Zeit bis Dezember 2021 nützen, um ältere Arbeitnehmer loszuwerden, die dann möglicherweise wieder neue Stellen fänden, aber eben zu niedrigerem Entgelt.

Acht Beschäftigungsgruppen

Die Änderungen durch den neuen KV lassen den Umstieg bürokratisch erscheinen. Die Tätigkeitsbereiche vom klassischen Verkauf und Vertrieb über Lager, Logistik, Einkauf, Technischer Dienst bis hin zu Marketing und Filialleitung sind in acht Beschäftigungsgruppen gegliedert. Derzeit wird lediglich zwischen einfachen und schwierigeren Tätigkeiten unterschieden. Das sei wichtig, bringe Rechtssicherheit bei Einstufung und Zulagensystem, betonte die Geschäftsführerin der Sparte Handel in der Wirtschaftskammer, Iris Thalhammer.

Handlungsbedarf gibt es noch bei den Zulagen, etwa für Kassatätigkeiten oder Filialleitungen. Letzteres sorgte jahrelang für Streit, weil nicht klar geregelt war, wann einer Kassiererin die Zulage gebührt, wenn sie diese Tätigkeit nicht ausschließlich ausübt. "Wenn jemand kassiert, dann bekommt er die Zulage, egal wie viele Stunden er an der Kassa sitzt", stellt Katzian klar. Was noch unklar ist, wollen die Sozialpartner in einer eigens eingerichteten "Begleitgruppe" verhandeln. Diese soll auch Probleme bei der Umstellung diskutieren. In den Handels-KV integriert wurden auch Geschäftsfelder wie Onlinehandel und Drogisten. (ung, 24.7.2017)