Zunehmender Druck auf Präsident Trump.

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In seltener Einigkeit haben sich Republikaner und Demokraten mit überwältigender Mehrheit im US-Kongress auf einen neuen Gesetzesentwurf geeinigt: Er sieht die Verschärfung der Sanktionen gegen Russland vor – und nimmt zugleich dem US-Präsidenten die Macht, die Strafen im Alleingang wieder außer Kraft zu setzen.

Das Gesetz, das im Repräsentantenhaus am Dienstag mit 419 gegen drei Stimmen beschlossen wurde (die Abstimmung im Senat steht noch aus), ist für Donald Trump ein Schlag ins Gesicht. Er war mit dem erklärten Ziel angetreten, die Sanktionen zu lockern und das Verhältnis zu Russland zu verbessern. Nun geschieht das Gegenteil. Denn anders als Trump sind auch seine Parteifreunde davon überzeugt, dass die Russen versucht haben, die US-Wahl 2016 zu manipulieren.

Dafür und für die Annexion der Krim wollen sie Moskau bestrafen. Und es scheint, als trauten sie dem eigenen Präsidenten nicht mehr über den Weg. Dem Entwurf zufolge kann dieser Sanktionen in Zukunft nur mithilfe des Kongresses zurücknehmen.

Trump in der Zwickmühle

Trump reagierte mit einem Wutausbruch. Es sei "sehr traurig, dass die Republikaner, selbst die, die ich auf meinem Rücken über die Ziellinie getragen habe, sehr wenig tun, um ihren Präsidenten zu schützen", twitterte er.

Trump steckt in der Zwickmühle. Er könnte sein Veto einlegen, riskiert aber, überstimmt zu werden. Er erwarte, dass das Gesetz eine "vetosichere Mehrheit" im Kongress bekomme, sagte der republikanische Senator John Thune. Am Schluss werde auch die Regierung einsehen, dass die Sanktionen notwendig seien.

Im Weißen Haus scheint man den Wink mit dem Zaunpfahl verstanden zu haben: Trumps neue Pressesprecherin Sarah Huckabee Sanders ließ durchblicken, dass Trump das Gesetz unterzeichnen werde. Schließlich habe man gegenüber dem ersten Senatsentwurf wichtige Verbesserungen erreicht, argumentierte sie. In Wirklichkeit sind die Veränderungen nur geringfügig.

Missfallen in Europa

In dem Entwurf geht es in weiten Teilen eher um die Konkretisierung bestehender als um neue Strafmaßnahmen. Trotzdem dürften die Investoren die Botschaft hören. Die marode russische Wirtschaft wird das weiter belasten.

In Europa stößt der Alleingang der USA auf Widerstand. Ein Sprecher der EU-Kommission erklärte am Montag, man sorge sich um die Energieunabhängigkeit und Sicherheitsinteressen der EU. Kritiker unterstellen den USA, mit dem Vorgehen gegen russische Gasexporte Marktanteile für eigenes Flüssiggas sichern zu wollen. In dem Gesetzesentwurf drücken die Abgeordneten etwa ihre Ablehnung der geplanten Gasleitung Nord Stream 2 aus, die von Russland nach Deutschland führen soll.

Unter Umständen auch OMV betroffen

Sollten die Sanktionen tatsächlich verhängt werden, könnte auch die OMV betroffen sein. Der österreichische Öl- und Gaskonzern zählt wie die Voestalpine zu den Gazprom-Partnern bei der Errichtung der Ostsee-Gaspipeline Nord Stream 2. Auch Berlin befürchtet Folgen für die Nord-Stream-2-Pipeline, die russisches Gas nach Deutschland liefern soll. Kanzlerin Angela Merkel und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel haben die USA davor gewarnt, ohne Abstimmung mit den Partnern zu handeln.

In diesem Fall dürften sie sich ausnahmsweise der Unterstützung von Trump sicher sein. Er gerät mit dem Beschluss immer weiter in den Schlamassel der Russland-Affäre. Wegen möglicher geheimer Absprachen zwischen der Trump-Kampagne und Russland ermitteln inzwischen ein vom FBI beauftragter Sonderermittler und mehrere Parlamentsausschüsse. Der Verdacht: dass es bei den Kontakten um Wahlmanipulation, aber auch um die Aufhebung von Sanktionen ging.

Sanktionen auch gegen Iran und Nordkorea

Auch der Iran und Nordkorea sollen mit weiteren Sanktionen belegt werden. Nach dem Repräsentantenhaus muss noch die zweite Kammer des Kongresses, der Senat, über den Entwurf abstimmen. Dann muss Trump ihn unterzeichnen. Beim Iran geht es um den Dauerstreit über das Raketenprogramm des Landes. Im Fall von Nordkorea zielen die Strafmaßnahmen auf die Schifffahrtindustrie des Landes ab.

Forderungen nach harten Reaktionen aus Russland

In Russland werden Forderungen nach einer harschen Reaktion auf die neuen Sanktionen laut. Die Regierung in Moskau müsse eine "schmerzhafte" Antwort vorbereiten, teilte Konstantin Kosatschjow, ein prominentes Mitglied des Oberhauses, am Mittwoch auf seiner Facebook-Seite mit. "Angesichts des einhelligen Votums des US-Repräsentantenhauses über das Sanktionspaket gegen Russland, Iran und Nordkorea wird es keinen Durchbruch geben", schrieb Kosatschjow mit Blick auf die gespannten Beziehungen zwischen den USA und Russland. "Tatsächlich wird eine weitere Verschlechterung der bilateralen Zusammenarbeit unausweichlich."

Kushner legt Erklärung vor

Jared Kushner, Schwiegersohn und Berater Trumps, legte am Montag vor seiner Befragung im Geheimdienstausschuss des Senats eine elfseitige Erklärung vor, in der er vier Treffen mit Russen 2016 zugab. Zugleich bestritt er jeglichen Gesetzesverstoß. "Ich habe nicht konspiriert, und ich weiß auch von niemandem in der Kampagne, der mit irgendeiner ausländischen Regierung konspiriert hat", erklärte Kushner.

Sein Schwiegervater forderte derweil auf Twitter die Ermittler auf, sich lieber mit den "Verbrechen und Russland-Beziehungen der betrügerischen Hillary (Clinton, Anm.)" zu beschäftigen. Aber auch dieser Rat dürfte von den eigenen Republikanern ignoriert werden.(red, Ines Zöttl aus Washington, 24.7.2017)