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Matt Canavan (Mitte oben) ist vorerst nicht mehr im Team von Premier Malcolm Turbull (links unten).

Foto: Reuters / David Gray

Canberra – Bis vergangene Woche hatte er nichts gewusst, dann habe seine Mutter "die Möglichkeit angedeutet", sagt Matt Canavan. Es folgten einige Nachforschungen, dann verschaffte die italienische Botschaft in Australien ihm Klarheit: Der mächtige australische Minister für Bodenschätze hat neben seiner australischen Staatsbürgerschaft auch eine italienische. Seine Mutter hatte ihn offenbar ohne sein Wissen im Alter von 26 Jahren in einem Konsulat in Brisbane als italienischen Staatsbürger angemeldet. Weil das nach australischem Recht für Parlamentarier aber verboten ist, darf Canavan, bisher konservativer Senator aus Queensland, auch kein Ministeramt ausüben – weswegen er am Dienstag seinen Sessel räumen musste.

Die Affäre ist ein weiterer herber Rückschlag für die konservative Regierung von Premier Malcolm Turnbull. Und sie reiht sich in einen wachsenden Skandal um Doppelstaatsbürgerschaften australischer Abgeordneter ein. Schon vergangene Woche waren zwei Senatoren der grünen Partei aus ihren Ämtern geschieden, nachdem Zeitungen offengelegt hatten, dass sie neben ihrer australischen Staatsbürgerschaft auch eine kanadische beziehungsweise eine neuseeländische besitzen. Auch sie wollen davon nichts gewusst haben. Der Fall ist für Turnbull auch deshalb peinlich, weil der Premier zu einem der beiden Grünen-Senatoren vergangene Woche noch zynisch angemerkt hatte: Nicht zu wissen, dass man Bürger eines anderen Landes sei, sei "ein bemerkenswertes Versehen".

Auch die Mutter war nie in Italien

Canavan selbst wollte sich am Dienstag noch nicht festlegen, wie es mit seiner politischen Karriere weitergehen soll. "Meine Mutter ist australische Staatsbürgerin, und ich hatte bis vergangene Woche keine Ahnung, dass ich Italiener bin", sagte Canavan, der auch betonte, dass er selbst nichts von seiner Registrierung gewusst habe. "Ich bin nicht in Italien geboren, ich war nie in Italien, und ich habe meines Wissens auch nie ein italienisches Konsulat oder eine Botschaft betreten."

Auch seine Mutter sei weder in Italien geboren noch je in Italien gewesen. Wieso sie ihn als Staatsbürger registriert habe, sei ihm nicht ganz klar. Sie habe ihm erst nach dem Rücktritt der beiden Grünen-Parlamentarier "über die Möglichkeit berichtet, dass ich unwissentlich Italiener sein könnte". Sein Anwaltsteam werde sich der Sache nun annehmen und prüfen, wie eine Anmeldung zur Staatsbürgerschaft in Abwesenheit und ohne Zustimmung überhaupt möglich sei.

Italien hat in den vergangenen Jahren den Prozess stark vereinfacht, mit dem im Ausland lebende Nachkommen italienischer Mütter die Staatsbürgerschaft erlangen können. Weltweit umfasst der infrage kommende Personenkreis bis zu 60 Millionen Menschen.

Weitere Fälle möglich

Die australische Verfassung sieht vor, dass Doppelstaatsbürger nur dann ein Parlamentsamt annehmen dürfen, wenn sie "klare Anstrengungen unternehmen, die Beziehungen zum jeweils anderen Staat zu trennen". Diese Bestimmung war bisher aber so interpretiert worden, dass sie vor allem für jene Menschen gilt, deren Ursprungsländer es nicht erlauben, eine Staatsbürgerschaft abzugeben, so wie das etwa der Iran und der Irak tun. Für Personen, die im Alter von 25 Jahren die Staatsbürgerschaft eines anderen Landes annehmen, ist sie nicht gedacht. Allerdings gilt es als möglich, dass Canavan, der ja selbst nichts gewusst haben will, ebenfalls von der Bestimmung profitieren kann.

Klar scheint der Fall allerdings nicht: Der britische "Guardian", der mehrere australische Verfassungsrechtler zu der Sache befragt hat, sieht keinen sicheren Sieg für Canavan. Einen derartigen Fall habe es bisher nicht gegeben, eine "interessante Verhandlung vor dem Höchstgericht" stehe bevor.

Möglich ist jedenfalls, dass noch weitere Fälle folgen. Die Sache ist durch die Medienberichte nun ins Rollen geraten – und in der Einwanderernation Australien ist es gut möglich, dass es mehrere weitere Abgeordnete gibt, die ebenfalls anderen Staaten angehören. (Manuel Escher, 25.7.2017)