Das Prinzip der Herstellung eines "Quanten-Eierkartons" mit einer von den Wissenschaftern neu entwickelten maskierten Ionenstrahltechnologie. Das Bild zeigt eine elektronenmikroskopische Aufnahme.

Foto: Wolfgang Lang, Universität Wien

Wien/Linz – Je schneller Daten in Computern verarbeitet werden, desto größer ist die Wärmeentwicklung, die die Leistungsfähigkeit schneller Computer begrenzt. Wissenschafter versuchen daher seit längerem, digitale Schaltkreise auf der Basis von Supraleitern zu entwickeln – jenen Materialien, die Strom völlig verlustfrei transportieren können, wenn sie unter eine gewisse kritische Temperatur gekühlt werden.

Nun ist österreichischen Physiker in diesem Bereich ein bedeutender Fortschritt gelungen: Wie sie im Fachjournal "Physical Review Applied" berichten, haben sie hunderttausende magnetische Quantenobjekte stabil und regelmäßig auf einem Supraleiter angeordnet. Das neue System könnte in Zukunft zur Speicherung und Verarbeitung von Datenbits dienen.

Suche nach kleineren Informationseinheiten

Ein einzelnes Informationsbit, gespeichert auf einer konventionellen magnetischen Festplatte, besteht aus einer Vielzahl benachbarter Atome, die ihre magnetischen Momente zu einem makroskopischen Effekt addieren. Auch in jedem einzelnen der winzigen Transistoren auf einem herkömmlichen Computerchip sind es Unmengen an Elektronen, die gemeinsam zwischen null und eins umschalten und so Information verarbeiten.

Um Computer in Zukunft effizienter zu machen, wird deshalb nach Möglichkeiten gesucht, Bits in Form von einzelnen Teilchen oder Quanten zu realisieren. Im Gegensatz zu reinen Quantencomputern würden solche Geräte zwar auf derselben klassischen Logik basieren wie herkömmliche Computer – allerdings mit wesentlich höherer Geschwindigkeit und geringerem Energieaufwand operieren.

Fluxonen anordnen

In ihrer aktuellen Studie hat die Forschergruppe aus Physikern der Universitäten Wien und Linz nun einen Weg gefunden, sogenannte Fluxonen in einem Supraleiter gezielt anzuordnen. Diese magnetischen Quantenobjekte sind die kleinsten Portionen eines Magnetfelds und eignen sich dazu, jeweils ein Informationsbit darzustellen.

"Fluxonen entstehen eigentlich fast immer, wenn ein Supraleiter einem Magnetfeld ausgesetzt ist", erklärte Wolfgang Lang von der Fakultät für Physik der Universität Wien und einer der Autoren der Studie. Mit moderner Nanotechnologie ist es Forschern nun gelungen, künstliche Fallen für Fluxonen zu bauen und diese damit in andere, vorgegebene Anordnungen zu zwingen.

Wie Eier im Karton

Bisher konnten die Fluxonen in derartigen Fallen nur im thermodynamischen Gleichgewicht beobachtet werden, also in einer gleichförmigen Anordnung. "Würden wir versuchen, zwei Eier in einem Eierkarton übereinander zu stapeln und dafür die benachbarte Vertiefung leer lassen, so würde das Ei schnell herunterrollen und den Gleichgewichtszustand mit genau einem Ei in jeder Vertiefung herstellen", erklärt Lang. Vom Standpunkt der Datenverarbeitung enthält der vollbesetzte Eierkarton aber kaum Information und ist daher unbrauchbar. Viel nützlicher wäre es da, die einzelnen Plätze in einem vorgegebenen Muster mit Eiern zu besetzen.

Im Nanobereich ist den Wissenschaftern nun ein wichtiger Schritt in diese Richtung gelungen, indem sie erstmals einen stabilen Nicht-Gleichgewichtszustand von Fluxonen in einem Gitter aus über 180.000 künstlichen Fallen demonstrieren konnten. Je nach von außen vorgegebenem Magnetfeld ordnen sich die Fluxonen in terrassenförmigen Zonen an, in denen jede Falle entweder kein Fluxon, genau eines, oder sogar mehrere Fluxonen einfängt. "Auch nach einigen Tagen haben wir noch exakt die gleiche Anordnung von Fluxonen beobachtet – eine für ein Quantensystem überraschende Langzeitstabilität", berichtet Georg Zechner von der Universität Wien als Erstautor der Studie.

Wie die Forscher betonen, geht es zunächst allerdings nur um eine erste Demonstration des Konzepts. In weiterer Folge wollen sie nun einzelne Fluxonen entlang vordefinierter Bahnen bewegen, um auch Schaltkreise realisieren zu können. (APA, red, 30.7.2017)