Mit ihren vom Staat finanzierten Pendlerzügen möchte die ÖBB den Konkurrenten Westbahn ausbremsen.

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Wien – Ob des ÖBB-internen Streits um die Zuweisung von Fahrwegkapazität sind nicht nur die Länder Wien und Niederösterreich in Sachen Taktverdichtung auf der Flughafenstrecke S7 alarmiert, sondern auch Oberösterreich und Salzburg.

Oberösterreich etwa wäre von der für das Schienennetz zuständigen ÖBB-Infrastruktur vorgeschlagenen Auflösung des Taktknotens Amstetten massiv betroffen. Fahrgäste aus Enns und Steyr würden die Anschlusszüge an nachfolgenden Taktknoten wie St. Valentin verpassen. Das geht aus dem Beschwerdebrief hervor, in dem der ÖBB-Personenverkehr (ÖBB-PV) seine Konzernschwester ÖBB-Infrastruktur zur Einleitung eines Koordinierungsverfahrens drängt.

Kompromiss der Bahn

Dabei ist die Auflassung des Taktknotens Amstetten ist laut STANDARD-Recherchen der Kompromissvorschlag der ÖBB-Infra. Er wurde durch die ursprüngliche Trassenbestellung der Westbahn notwendig, die – wie berichtet – ab Dezember 2017 jede Stunde einen Zug von Wien (Praterstern bzw. Hauptbahnhof) nach Salzburg fahren will und (zeitversetzt um 30 Minuten) einen wie bisher vom Westbahnhof. Dieser Plan hätte den Railjet-Fahrplan der ÖBB allerdings massiv blockiert.

Da aber auch Westbahn-Passagiere Anschlusszüge etwa der Rudolfsbahn nach Waidhofen (die nach Linz weiterfahren) ohne lange Wartezeit erreichen können sollen, schlug die ÖBB-Infra die Auflassung des Taktknotens Amstetten vor, was die Konzernschwester allerdings brüsk ablehnte – und prompt den ÖBB-Eigentümer Verkehrsministerium, die Länder Wien, Salzburg, Nieder- und Oberösterreich sowie den Verkehrsverbund Ost-Region eingeschaltet hat.

Streit um Knoten

Außer Tritt geraten würden in der Folge freilich auch diverse Anschlusszüge der Bahnknoten Linz und Salzburg, von denen Lokalzüge ins Innviertel, nach Attnang-Puchheim, ins Salzkammergut etc. abgehen, wie den ÖBB-Unterlagen zu entnehmen ist, die dem STANDARD vorliegen. Wie der konzerninterne Streit ausgeht, ist offen. Vor dem 4. August scheint eine Einigung unwahrscheinlich, da läuft die Frist ab, in der gegen den Vorschlag der ÖBB-Infra Widerspruch eingelegt werden kann. Politischer Druck baue sich auf, sagen Bahnkenner.

Problemfall S-Bahn in Wien

Noch nicht so weit ist der um die Frequenzerhöhung auf der S7 von Wien über Schwechat nach Wolfsthal entfachte Konflikt – obwohl hier die Zeit drängt. Denn eigentlich wollten die Länder Wien und Niederösterreich im August ein S-Bahn-Paket verkünden, mit dem mehr Züge von Gänserndorf bzw. Floridsdorf nach Wolfsthal geführt werden sollten. Das soll Pendlern aus Niederösterreich eine Öffi-Alternative sein – und ein Verkehrschaos mit Einführung des Parkpickerls in Wien-Favoriten im September verhindern.

Dass das Öffi-Angebot steht, scheint derzeit allerdings allein vom Fristenlauf her wenig realistisch; schon gar nicht, wenn die Schienen-Control schlichten und Bescheid erlassen muss. Die zweigleisige Schnellbahnstammstrecke zwischen Floridsdorf und Meidling sei bereits jetzt am Rande der Überlastung, und das würde mit der Westbahn-Verlängerung bis Praterstern verstärkt, betont man bei der ÖBB. Der ÖBB-Personenverkehr verlangt von ihrer Schwester Infra, vorhandene Restkapazitäten herauszurücken. Falls das nicht reiche, möge sie dem öffentlich finanzierten Verkehr der ÖBB-PV – wie in den Schienennetz-Nutzungsbedingungen vorgesehen – Vorrang geben und die Westbahn-Trassenwünsche abschmettern. Es gebe keine Alternative zur Ablehnung der Westbahn-Trassenwünsche, heißt es sinngemäß.

In der ÖBB hängt der Haussegen schief: ÖBB-Personenverkehr im Kampf gegen Netzbetreiber ÖBB-Infrastruktur
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Dem widerspricht Westbahn-Chef Erich Forster: Auf der Wiener Schnellbahn seien genügend Trassen für ÖBB-PV und Westbahn vorhanden.

Neue Trassen bräuchte in dem Fall allerdings der Airport-Schnellzug Cat. Aber das will der ÖBB-PV seiner gemeinsamen Tochter mit dem Flughafen offenbar nicht antun. Ob die für den diskriminierungsfreien Zugang aller Eisenbahnunternehmen zum Bahnnetz zuständige ÖBB-Infrastruktur mitspielt, bleibt abzuwarten. (Luise Ungerboeck, 27.7.2017)