Lausanne – Bei Schizophrenie-Patienten ist das Körperbewusstsein weniger beeinträchtigt als gedacht. Obwohl Betroffene oft ein verändertes Selbstgefühl haben, ist ihr Gefühl der körperlichen Zugehörigkeit nicht beeinträchtigt, berichtet ein internationales Forscherteam unter Leitung der ETH Lausanne (EPFL).

Die Wissenschafter um Albulena Shaqiri und Michael Herzog testeten für ihre Studie 59 Patienten mit chronischer Schizophrenie und verglichen sie mit 30 psychisch gesunden Probanden. Die Studienteilnehmer unterzogen sie dafür einem gut etablierten Test namens "Full-body Illusion", den Olaf Blanke und Kollegen an der EPFL entwickelt haben.

Die Idee hinter der "Ganzkörper-Illusion" ist es, durch lang anhaltende Stimulation mehrerer Sinne das Gefühl der Körperzugehörigkeit auszutricksen. In diesem Fall wurde den Probanden über den Rücken gestrichen, während sie die Berührung mittels einer "Virtual Reality"-Brille an einem anderen, virtuellen Körper sahen.

Erstmals untersucht

Wenn das virtuelle und das reale Rückenstreicheln synchron ablaufen, haben Probanden üblicherweise ein verstärktes Gefühl der Körperzugehörigkeit mit dem virtuellen Avatar, und den Eindruck, sich darauf zu zu bewegen. Wenn die virtuelle und die reale Berührung nicht simultan sind, verfallen Probanden nicht dieser Illusion.

Wie die Forschenden im Fachblatt "Schizophrenia Bulletin" berichten, schnitten die Patienten und die gesunden Probanden im Test gleich ab. Was bedeutet, dass ihr Körperzugehörigkeitsgefühl durch die Erkrankung nicht verändert wird. "Das wurde bisher noch nie gezeigt oder berichtet", so Shaqiri. Bisher sei man davon ausgegangen, dass Schizophrenie-Patienten ein gestörtes Körperbewusstsein hätten.

Woraus das "Selbst" besteht

Betroffene haben beispielsweise oft das Gefühl, dass andere ihre Handlungen steuern. Diese Störung hängt mit Problemen der sensomotorischen Verarbeitung im Gehirn zusammen, die es Betroffenen erschwert, autonome Handlungen von solchen zu unterscheiden, die eine äußere Ursache haben.

Die Frage der Körperwahrnehmung blieb jedoch bisher ungeklärt. Diese sei jedoch entscheidend, weil die Körper- und die Handlungswahrnehmung zwei Hauptbestandteile dessen sind, was wir Selbst nennen, heißt es vonseiten der EPFL.

Es sei wichtig, solche "Nicht-Ergebnisse" zu veröffentlichen, wie dass die Körperwahrnehmung von Schizophrenie-Patienten eben nicht beeinträchtigt sei, sagte Michael Herzog. Andernfalls entstehe der Eindruck, Schizophrenie-Patienten hätten mehr Defizite als es tatsächlich der Fall sei. (APA, sda, 27.7.2017)