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Von der libyschen Küstenwache gerettete Bootsflüchtlinge an der Küste bei Garabulli, östlich von Tripolis. Geht es nach Emmanuel Macron, sollen sie bald in "Hotspots" landen.

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Emmanuel Macron mit seinen libyschen Gästen Khalifa al-Haftar und Fayez al-Serraj.

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Emmanuel Macron ist voller Tatendrang – auch was die Krise in Libyen anbelangt. Am Dienstag empfing der 39-jährige Staatschef in der Nähe von Paris den libyschen Übergangspremier Fayez al-Serraj und dessen Rivalen, General Khalifa Haftar, und rang ihnen das Versprechen einer politischen Stabilisierung Libyens mit der Abhaltung von Wahlen ab.

Am Donnerstag machte Macron klar, welches Hauptmotiv diese Initiative verfolgte: die bessere Kontrolle der Flüchtlingsbewegungen von Nordafrika nach Europa. Bei einem Auftritt in einem Flüchtlingszentrum in Orléans erklärte der Präsident zur allgemeinen Überraschung, Frankreich werde noch diesen Sommer sogenannte "Hotspots" für Flüchtlinge und Migranten in Libyen einrichten. An sich sei es Aufgabe der EU, für solche Auffanglager zu sorgen; aber da etliche Mitgliedsstaaten keine Flüchtlinge aufnehmen wollten, werde Frankreich auf jeden Fall aktiv – notfalls auch allein.

"Die anderen Länder sind widerspenstig"

"Ziel ist es, in Libyen Hotspots zu schaffen, um zu verhindern, dass die Leute verrückte Risiken eingehen, obwohl sie nicht alle Anspruch auf Asyl haben", meinte der französische Präsident. "Wir werden die Leute holen, und ich will das ab diesem Sommer veranlassen. Die anderen europäischen Länder sind widerspenstig. Wir wollen zwar mit Europa handeln, aber Frankreich macht es auch allein."

Wie genau Macron vorgehen will, blieb vorerst offen. Dass die Ankündigung nur zwei Tage nach dem libyschen Spitzentreffen erfolgt, legt den Schluss nahe, dass Macron hinter verschlossener Tür zu einer Einigung gekommen ist. Serrajs Einheiten kontrollieren die Küstenabschnitte im Westen, Haftar dominiert im Osten des bürgerkriegsversehrten Landes.

Experten skeptisch

Laut Experten scheint die Umsetzung von Auffanglagern in Libyen noch weit von der Realisierung entfernt zu sein. Macron präzisierte einzig, dass die Operation unter der Schirmherrschaft des französischen Amtes für Flüchtlinge und Staatenlose (Ofpra) stehen und auch in italienischen Häfen zum Einsatz kommen solle.

Frankreichs Präsidialamt erklärte kurz nach Macrons Ankündigung, für die Errichtung solcher "Hotspots" müsse zunächst die Sicherheitslage ausreichend gut sein – derzeit sei dies in Libyen nicht der Fall. Prinzipiell gehe es um eine "Vorbehandlung" von Asylanträgen.

Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) hat Frankreichs Pläne begrüßt. Was einen Beitrag Österreichs betrifft, so sei laut Außenministerium "ein finanzieller Beitrag vorstellbar". Die deutsche Regierung teilte mit, sie werde Macrons Vorschlag prüfen. Die EU-Kommission zeigte sich überrascht. Sie könne dazu noch nicht Stellung nehmen, weil sie keine Details kenne, so eine Sprecherin.

Unterdessen lobte Italien die Forderung Libyens nach Entsendung von Schiffen zur Stärkung seiner Küstenwache. Die Regierung kündigte an, am Dienstag Details zu einer Libyen-Mission zu präsentieren. Medienberichten zufolge will Rom sechs Schiffe und etwa 1000 Soldaten schicken. (Stefan Brändle aus Paris, 27.7.2017)