Steile Serpentinen über unzählige Hügel führen meine Reisebegleitung Firas und mich in das im Norden Libanons gelegene Bergdorf Bejjeh. Das kleine Örtchen bietet einen Ausblick über einige Hügel hinweg auf das Mittelmeer. Batrun erreichen wir über viel zu enge Gassen. Die Küstenstadt ist von einer imposanten Sandstein-Kirche mit byzantinischen und römischen Einflüssen geprägt. 

Ausblick über Bejjeh bis zum Meer.
Foto: Max Leyerer
Kirche des Hl. Stefan in Batrun.
Foto: Max Leyerer

Je nördlicher und näher wir an Tripoli kommen, umso gebirgiger wird die Umgebung. In der Bucht von Tripoli fahren wir eine steile Passstraße zu einem Aussichtspunkt hoch und genießen den faszinierenden Kontrast von schneebedeckten Bergen und dem Meer auf der anderen Seite. 

Grüne Felder, schneebedeckte Berge.
Foto: Max Leyerer

Weiter geht es zum alten Antoniuskloster Qozhaya. Das Kloster beherbergt die erste Druckerpresse des Nahen Ostens, die zum ersten Mal im Jahr 1584 in Betrieb genommen wurde. Weitere Artefakte, Rüstungen und Waffen liegen sorglos verstreut am Boden.  

Die Altstadt von Byblos, auch Jbeil genannt, ist seit 7000 Jahren durchgehend bewohnt und gehört seit 1984 zum Unesco-Weltkulturerbe. Die Hafenstadt war bereits zu römischer und phönizischer Zeit ein wichtiger Punkt für Handelsrouten, im Mittelalter gewann sie während der Kreuzzüge an strategischer Relevanz dazu. Heute ist Byblos, unweit von Beirut gelegen, ein entspannter Hort: Am Strand erstreckt sich eine Promenade vom Suq, dem Bazar, bis hin zur Zitadelle der Stadt.

In der Altstadt von Byblos.
Foto: Max Leyerer
Bei der Zitadelle.
Foto: Max Leyerer

Reden über Kreisky

An einem Abend lädt mich Firas ein, in Byblos essen zu gehen. Im Restaurant werden wir in ein Séparée geleitet, mit einem einzigen großen, elegant gedeckten Tisch, der mit einer Vielzahl an Mezze, also kleinen Imbissen und Häppchen, bedeckt ist. Dort treffen wir Firas' Freunde Roger und Alice Eddé. Roger Eddé ist Anwalt, Unternehmer und Politiker. Er ist der Gründer der libanesischen Friedenspartei Al-Salam und federführend in der Umgestaltung und Neupositionierung der libanesischen Stadt als touristisches Zentrum in der Region. 

Eddé erzählt von "seinem Freund" Bruno Kreisky, der ihn früher oft im Libanon besucht habe und der ihn inspiriert habe, Byblos zu einem Ort zu machen, den man gerne besucht und der auch Touristen anlockt. Jahrzehnte später baute Eddé das Eddé-Sands-Resort, das den Großteil des Strandes einnimmt, sowie eine Vielzahl an Cafés und Restaurants im historischen Suq. Seine Frau Alice kümmert sich um die Geschäfte des Hotels und führt nebenbei eine Luxusboutique im Zentrum der Stadt. Ziel der Eddés ist es laut eigenen Aussagen, Byblos zum beliebtesten Ort der Welt zu machen. 

Es sind Cafés wie diese, die Byblos wieder beliebt machen.
Foto: Max Leyerer

Kontrastreiches Land

Vor meiner Reise war ich mir nicht sicher, was mich im Libanon erwarten wird, denn nahezu alle Nachrichten über das Land sind negativ: Müllkrisen, Flüchtlinge, Terrorgruppen. Unter den jungen Menschen herrscht eine Perspektivlosigkeit und viele haben Angst, dass jeden Moment wieder ein Krieg ausbrechen könnte. 

Es gibt einige Regionen im Libanon, die aufgrund der unstabilen Lage nicht bereisbar sind – besonders entlang der syrischen Grenze. Krisen, Kriege, gebeutelte Nachbarländer und die stete Terrorgefahr verhindern, dass der Libanon sich öffnen kann. Eine wilde Mischung aus Lebensfreude, Geschichte und schöner Landschaft bleibt nur jenen vorbehalten, die die Reise hierher wagen. Und sich davon überzeugen, dass der Libanon in Wahrheit sehr viel mehr zu bieten hat, als es den Anschein hat. (Max Leyerer, 2.2.2018)