Geht es nach Hannes Jagerhofer, soll die Beachvolleyball-WM auf der Wiener Donauinsel finanziell nicht in den Sand gesetzt werden.

Foto: APA/Hochmuth

Clemens Doppler und Alex Horst bereiten sich auf dem Center Court auf eine hoffentlich lange WM vor.

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STANDARD: Sie übersiedeln im Herbst mit Frau, zwei Kindern und Hund nach Florida. Das ist quasi ein Abschieds-Interview. Lässt sich Beachvolleyball von Österreich aus nicht mehr managen?

Jagerhofer: Ich war schon letztes Jahr 265 Tage nicht in Österreich, will den Sport in den USA, Mexiko und Kanada pushen. Es ist egal, wo du neue Veranstaltungen aufziehst, in den ersten zwei Jahren brauchst du 180 Prozent Energie, musst Türklinken putzen gehen. Das geht nur vor Ort. Die Turniere in Österreich und Europa sind Prestigeobjekte, aber die großen Märkte sind in Amerika und Asien.

STANDARD: Der US-Fernsehriese NBC hat Beachvolleyball in Rio zur Primetime übertragen, nach dem Olympiajahr sind die Preisgelder auf der World Tour aber stark rückläufig. Wie kann Beachvolleyball weiter wachsen?

ORF

Jagerhofer: Ich denke gerne an Tennis. Dieser Sport ist so groß geworden, dass die Turnierstädte begonnen haben, in Infrastruktur zu investieren. Wir stehen knapp davor, dass Veranstalter Stadien für 2.500 Zuschauer bauen, Zusatztribünen organisieren wir. Damit hast du schon mal ein oder zwei Millionen Euro weniger Kosten. Solange du aber alles auf eine grüne Wiese hinstellst und wieder wegräumst, bleibst du in der Entwicklung stecken.

STANDARD: Das WM-Budget beträgt knapp neun Millionen Euro. Bund und die Stadt Wien machen 2,6 Millionen Euro Steuergeld locker. Andere Sportarten werden in Wien abgespeist. Ist Michael Häupl ein Beachvolleyballfan?

Jagerhofer: Die Frage ist: Was kriegt die Stadt Wien dafür? Strand, Sonne und tolle Stimmung sorgen für einen Imagetransfer, den Wien mit keinem Inserat schafft. Mit den 1,3 Millionen Euro der Stadt mach ich normal nur ein Lüfterl. Wir riskieren mit unseren Sponsoren immer noch 6,8 Millionen Euro, aber unsere Partner sind happy. In Amerika oder Kroatien zahlen Turnierveranstalter gerne eine Million Euro als Host-City-Fee. Die wollen mit uns Fünfjahresverträge abschließen.

STANDARD: Beachvolleyball ist der einzige populäre Sport, der Gratiseintritt zu einer Weltmeisterschaft gewährt. Warum?

Jagerhofer: Ich könnte in Wien an einem Wochenende jeden Tag 7.000 Tickets für jeweils 30 Euro verkaufen. Damit verdiene ich nach Steuern an einem Wochenende 300.000 Euro. Das sind gerade mal fünf Prozent meines Gesamtbudgets. Für dieses Geld opfere ich nicht mein Konzept. Es würden viele Plätze im Stadion leer bleiben, weil die Zuschauer nur zu den Spielen gehen, die sie interessieren. In Fort Lauderdale trafen im Finale zwei brasilianische Paarungen aufeinander, eigentlich ein Super-GAU für Amis. Aber die Hütte war bummvoll, wir haben eine neue Form von hochathletischem Sport und Entertainment erschaffen.

STANDARD: Beachvolleyball in den Anfängen in Klagenfurt, Ende der 90er-Jahre: Man saß auf Holztribünen, es gab noch keine Eintrittskontrollen, keine Videowalls. Heute ist es ein Megaevent. Ist der Sport schon längst zweitrangig?

Jagerhofer: Es gibt im Leben Situationen, wo man Entwicklungen mitmachen muss. Das war schon bei Checkfelix so, wo mich die Reisebüros attackiert haben. Der Konsument will vom Sport mehr als nur die Action in der Sandkiste. Er will unterhalten werden, selbst Bestandteil einer guten Inszenierung sein, und er möchte seine Sorgen vergessen. Letzteres hat immer mehr Berechtigung in Zeiten, wo die Menschen immer negativer belastet werden. Deshalb steht der Sport aber nicht im Hintergrund.

STANDARD: Sie haben öffentliche Förderungen für das Turnier in Klagenfurt immer verteidigt. Sind Sportevents "Brot und Spiele"?

Jagerhofer: Ja, aber die Leute nehmen viel auf sich, um bei uns dabei zu sein. In Klagenfurt campieren ein paar tausend Leute vor dem Stadion, damit sie in der Früh reingelassen werden. Was gibt es Schöneres? Ich könnte wahnsinnig viel einsparen, ohne vertragsbrüchig zu werden. Keine Videowalls, weniger Service im Stadion. Aber der Kunde merkt, dass viel Herzblut drinsteckt. Diese Qualität will ich nicht verlieren, vorher höre ich auf.

STANDARD: Was verdienen Sie mit ihrer Major-Turnierserie am Beachvolleyball?

Jagerhofer: In Wien werden wir darum kämpfen, mit einer schwarzen Null abzuschließen. Ich habe das Glück mit Didi Mateschitz einen der größten Menschen der Welt als Unterstützer zu haben. Er liebt diesen aggressionslosen Sport, in Klagenfurt haben wir noch nie eine Polizei gebraucht. Den großen Hebel bekommen wir aber erst über neue Märkte. Der größte Autoverkäufer der USA sponsert unser Turnier in Florida, mit einem großen Brauereienverband bin ich dort kurz vor einem Vertragsabschluss.

STANDARD: Wird es 2018 wieder ein Turnier in Österreich geben? Klagenfurt hat statt 800.000 nur mehr 200.000 Euro an Förderungen in Aussicht gestellt.

Jagerhofer: In den nächsten zwei Jahren wird gespielt, ob in Klagenfurt oder Wien. Österreich hat höchste Priorität.

STANDARD: Geht das viele Reisen nicht an die Substanz? Wie lange wollen Sie sich das noch antun?

Jagerhofer: Es geht brutal an die Substanz, ich bin oft weg von meiner Familie. Aber ich bin auch demütig, dass ich so einen spannenden Job machen darf. (Florian Vetter, 27.7.2017)