Geschlossene Rollläden statt belebter Erdgeschoßzonen. Unbenutzter städtischer Raum wird oft als deprimierend empfunden.

Foto: Elmar Gubisch

Wien – So schwer fassbar der abstrakte Begriff der Leere ist, so verzwickt zeigt sich die Lage bei dem Versuch, Leerstand bei Geschäftslokalen oder Wohnraum zu erfassen. Eine Studie der Wiener Wohnbauforschung kam 2015 zu dem Schluss, dass rund 10.000 Wohnungen in Wien langfristig leerstehen. Bei weiteren 25.000 handle es sich um marktaktiven Leerstand, der also Menschen etwa erlaubt umzuziehen.

Die Zahlen ergeben sich aus einem Abgleich mit dem Melderegister, was bei Experten aufgrund der Ungenauigkeit auf Kritik stößt (siehe Interview unten). Seitens der Stadt wird das Augenmerk aber sowieso stärker auf Leerstand bei Geschäftsflächen gelegt, denn dieser sei – so heißt es aus dem Büro von Wirtschaftsstadträtin Renate Brauner (SPÖ) – "sowohl für die Entwicklung eines Grätzls als auch für den Wirtschaftsstandort Wien ein Problem". Der immer wieder diskutierten Leerstandsabgabe stehe man "positiv gegenüber", sollte sich zeigen, dass sie zu "besseren Vermietungen von Geschäftslokalen" beitrage.

Internethandel als Problem

In St. Pölten setzt man hingegen vermehrt auf Gastronomie sowie Dienstleister wie Ärzte und Rechtsanwälte. Klassische Geschäftsflächen werden nicht weiter ausgebaut, wie Martin Koutny, Sprecher der niederösterreichischen Landeshauptstadt, sagt. "Der Internethandel geht nicht spurlos an Städten vorüber."

Die zuständigen Beamten der steirischen Landesregierung und im Grazer Rathaus beteuern, dass keinerlei exakte Daten über leerstehenden Wohnraum vorlägen. Nur Schätzungen. In Graz werde etwa seit Jahren über die Zahl 10.000 spekuliert. Eine Leerstandsabgabe "brächte zwar für die Einnahmenseite der Stadt etwas, löst aber das Wohnproblem nicht", meint die Grazer Wohnungsreferentin Elke Kahr (KPÖ). Wohnraum freizubekommen, heiße zudem nicht, dass Eigentümer günstig vermieten würden.

Studie in Vorarlberg geplant

Auch in Vorarlberg weiß man nicht, wie hoch der Leerstand tatsächlich ist – Schätzungen zwischen 8000 und 15.000 Wohnungen kursieren. Im Herbst soll eine Studie dies erheben. Das Projekt "Sicheres Vermieten" des Landes motiviert schon jetzt gemeinsam mit Gemeinden und der gemeinnützigen Wohnbaugesellschaft zur Vermietung. Als Anreiz bietet man Eigentümern etwa eine Ausfallshaftung bei Mietschulden und Wohnungsschäden.

Ähnliches versucht die Stadt Salzburg: Sie tritt selbst als Maklerin auf, um Eigentümer zum Vermieten zu bewegen. 3500 Wohnungen stehen in der Stadt leer. Das Land Salzburg geht von rund 60.000 Zweitwohnsitzen und leerstehenden Objekten aus.

Keine Zahlen in Oberösterreich

Leerstandszahlen werden in Oberösterreich überhaupt nicht erfasst. Seit 2006 gebe es aber eine eigene Geschäftsstelle zur Dorf- und Stadtentwicklung, die den Gemeinden helfen soll, die räumliche Entwicklung in den Griff zu bekommen. Angesetzt wird in den Bereichen Handel (Kaufkraftabfluss verhindern), Wohnen im Ortskern und bei Nachnutzungsmaßnahmen von Gebäuden.

Kaum große private Wohnhäuser hat das Burgenland, weswegen sich das Problem dort anders stellt: In manchen Dörfern verwaisen die Ortskerne. Die Jungen bauen lieber in den neu aufgeschlossenen Siedlungen im Norden. Der Süden mit seiner Abwanderung hat das gegenteilige Problem. Hier heißt es: Haus zu verkaufen.

Insgesamt 4,6 Millionen Wohnungen

Eine Quantifizierung von Leerstand ist auch laut Wolfgang Amann vom Institut für Immobilien Bauen und Wohnen unmöglich. Statistisch greifbar ist nur etwa der Wohnbestand "ohne Hauptwohnsitz". Der liegt österreichweit bei 16 Prozent oder rund 750.000 Wohnungen – bei einem Gesamtbestand von rund 4,6 Millionen. Darunter fallen etwa Zweitwohnsitze, Urlaubsappartements, aber auch Leerstand aufgrund von Neuzuzug. Wie viel davon spekulativer Leerstand ist, lässt sich nicht eruieren. (cmi, jub, mro, mue, ruep, spri, wei, 28.7.2017)