Zhurihe in der Inneren Mongolei ist ein Truppenübungsplatz von über 1.000 Quadratkilometer Größe (zum Vergleich: Wien misst 414,87 Quadratkilometer). Am Sonntag beging die chinesische Volksbefreiungsarmee hier ihren 90. Geburtstag mit einer Parade.

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Bei Kriegsspielen im Westen werden Angreifer meist mit Rot gekennzeichnet. Im sozialistischen China ist das hingegen die Farbe der Guten, und blau ist der Aggressor. Auf dem über 1000 Quadratkilometer großen innermongolischen Truppenübungsplatz Zhurihe liefern sich alljährlich zehntausende Soldaten aus Eliteverbänden der Volksbefreiungsarmee (VBA) Übungsschlachten. Die blaue Armee gehört auch zur VBA – sie ist mit modernsten Waffen ausgerüstet und in kombinierter Kriegsführung geschult. Die Spezialtruppen werden so seit 2012 für die Rolle als Feind ausgebildet, um die größte Armee der Welt zu einem tatsächlich schlagkräftigen Militär zu machen.

Am Sonntag konnte sich die Öffentlichkeit live bei der spektakulären Parade in Zhurihe anschauen, wie weit die Armeereformen von Staats- und Parteichef Xi Jinping gediehen sind. Anlass für die bis zuletzt geheim gehaltene "Schau der Stärke", so die Nachrichtenagentur Xinhua, war der am 1. August gefeierte 90. Gründungstag der Volksbefreiungsarmee.

Xi verkündete, dass China noch nie "so nah daran gewesen ist, sein großes Ziel der Erneuerung der Nation zu erreichen". Das Land müsse seine "Souveränität, Sicherheit und Entwicklungsinteressen verteidigen". Da diese für die zweitgrößte globale Volkswirtschaft heute auf allen Kontinenten zu finden seien, forderte er dazu auf, die VBA "zu einer Armee der Weltklasse umzubauen".

Alles für den Frieden

Aus der Armee sollen nach dem Willen von Xi in Hightech-Kriegsführung und Informationstechnologie versierte Truppenverbände werden. Angeblich dient alles nur dem Frieden, Xi sagte aber, Frieden müsse auch verteidigt werden. "Das zu tun ist die Verantwortung der Streitkräfte." Noch nie habe China "eine starke Armee nötiger gebraucht als heute".

In den Ohren von Chinas Anrainerstaaten und der USA sind das provozierende Worte. Mit mulmigen Gefühlen blicken sie nicht nur auf die waffenstarrende Parade, sondern auch auf den steigenden Militäretat Pekings. Mit den Nachbarn Japan und Südkorea steht China in Konflikt – und zuletzt streitet man auch ernsthaft mit Indien um den Grenzverlauf im Himalaja. Neue Probleme bahnen sich auch zwischen China und Vietnam um Ölförderrechte im Südchinesischen Meer an.

Basis in Djibouti

Auf starken Gegenwind stößt der Aufbau einer chinesischen Weltmarine. Peking will überall seine Wirtschafts- und Handelsinteressen schützen. Neben der Übernahme von immer mehr Hafenanlagen auf allen Kontinenten hat es im ostafrikanischen Djibouti eine erste Militärbasis bezogen.

Noch aber muss Chinas Armee viel lernen, um künftige Kriege siegreich zu bestehen. Auch zu Hause klappt das nicht einmal, wenn es simuliert wird. 2014 begannen erste Übungsschlachten zwischen blauer und roter Armee. Das Ergebnis laut Global Times: Von bisher 33 Schlachten gewannen die Blauen 32 Kämpfe gegen die immer noch nach altem Muster angetretenen roten Elitesoldaten der Volksrepublik.

Überschattet wurde die Truppenparade am Sonntag von einem gemeinsamen Militärmanöver von Japan, Südkorea und den USA sowie zwei getwitterten Botschaften des US-Präsidenten Donald Trump: Er warnte, dass er der Führung in Peking "nicht länger erlauben" werde, gegenüber Nordkorea nichts zu unternehmen.

Trump twittert gegen Peking

Trump kannte da noch nicht die TV-Bilder von der Parade. Er reagierte vielmehr auf Pekings passive Verurteilung des jüngsten nordkoreanischen Tests einer weiteren Interkontinentalrakete am Wochenende. China rief alle Parteien zur Zurückhaltung auf, verdammte dann aber die USA und Südkorea wegen der geplanten Erweiterung ihres gegen Nordkorea gerichteten Raketenabwehrschilds Thaad. Trump twitterte verärgert: "Ich bin sehr enttäuscht von China." Das Land habe hunderte Milliarden Dollar pro Jahr über seinen Handel mit den USA verdient. "Doch sie machen NICHTS für uns, wenn es um Nordkorea geht. Sie reden nur." (Johnny Erling aus Peking, 30.7.2017)