Die vielfach als hart empfundenen Urteile im Prozess um den Salzburger Finanzskandal haben eine Debatte über die Verantwortung und Sanktionierung von Politikern ausgelöst. In der Öffentlichkeit – auch im STANDARD – werden insbesondere Salzburgs Bürgermeister Heinz Schaden Integrität und Einsatz für die Mozartstadt attestiert. Doch derartige Pluspunkte haben – wenn überhaupt – lediglich für die Strafbemessung Bedeutung. Richter oder Schöffensenate bewerten keine Lebenswerke, sondern urteilen nach dem Buchstaben des Gesetzes unter Beachtung der Judikatur.

Diese Feststellungen mögen selbstverständlich klingen, doch angesichts der Diskussionen über das Strafausmaß erscheinen sie angebracht. Und selbst moralisch kann an der nicht rechtskräftigen Entscheidung nur schwer gerüttelt werden. Zur Erinnerung: Heinz Schaden versuchte 2007, von der Stadt eingefahrene Spekulationsverluste elegant aus der Welt zu schaffen, indem die defizitären Swap-Papiere dem Land umgehängt wurden, in dem glücklicherweise ein Parteifreund als Landesfinanzreferent fungierte. Dort wären sie möglicherweise für immer vergraben worden, wäre der milliardenschwere Salzburger Finanzskandal nicht 2012 vom Standard gegen heftige Abwehrgeschütze der Landesregierung aufgedeckt worden (das Eigenlob sei angesichts der Tragweite der Affäre ausnahmsweise gestattet).

Nun mag es schon richtig sein, dass anderswo gröbere Vergehen bei weitem nicht so streng (oder gar nicht) sanktioniert werden. Das gilt insbesondere für die Causa Telekom, bei der Politiker trotz eines schwungvollen Karussells der Parteienfinanzierung nicht belangt wurden. Doch Verallgemeinerungen sind hier völlig fehl am Platz, sind doch die einzelnen Causen äußerst komplex und die Verdachtslagen von Fall zu Fall zu beurteilen. Zudem können sich Gerichte klarerweise mit den heiklen Angelegenheiten nur befassen, wenn eine Anklage vorliegt. Ist dies der Fall, kann der Justiz in der Regel keine Beißhemmung vorgeworfen werden: Der frühere Kärntner Landesrat Josef Martinz und Ex-Innenminister Ernst Strasser – um nur zwei Namen zu nennen – können davon ein Lied singen.

Das harte Durchgreifen der Justiz in der Salzburger Affäre kann noch aus einem anderen Grund begrüßt werden: Mit der vor eineinhalb Jahren in Kraft getretenen Reform des Strafrechts wurde der Untreuetatbestand (und damit auch der Beitrag dazu) entschärft. Die Befürchtungen, dass der nicht zuletzt für Korruptionsfragen relevante Paragraf zahnlos wird, sind nicht von der Hand zu weisen, zumal die Änderung rückwirkend greift. Es ist nicht auszuschließen – und es gibt Hinweise dafür -, dass Justizminister Wolfgang Brandstetter im Zusammenspiel mit der Parlamentsmehrheit schon einigen Beschuldigten den Gang zur Anklagebank erspart hat.

Das war nun im aktuellen Urteil nicht der Fall. Es bleibt zu hoffen, dass die Reform – wie von den treibenden Kräften versichert – tatsächlich der Erhöhung der Rechtssicherheit dient und nicht der Reinwaschung gut vernetzter Halunken.

Die Schuldsprüche gegen Heinz Schaden und andere sollten als klares Signal interpretiert werden, dass die Gerichte bereit sind, Vergehen von Amtsträgern schonungslos zu ahnden. Um Freunderl-, Parteibuch- und Misswirtschaft in Österreich ernsthaft zu bekämpfen, ist diese harte Gangart durchaus angebracht. (Andreas Schnauder, 30.7.2017)