Sebastian Ofner sammelt Punkte.

Foto: APA/Groder

Kitzbühel – Pablo Cuevas ist die Nummer eins des Generali Open und eigentlich klarer Favorit gegen Österreichs Aufsteiger Sebastian Ofner. Und dennoch wird sich der Weltranglisten-27. am Mittwoch im Kitzbühel-Achtelfinale hüten, den 21-jährigen Steirer zu unterschätzen. Ofner bot bei seinem Debüt in der Gamsstadt am Montag vor der Aufgabe seines Gegners Nikolos Basilaschwili eine starke Leistung.

Hätte es nach dem Sensations-Auftritt in Wimbledon, als Ofner auch weltweit für Schlagzeilen gesorgt hatte, noch eine Bestätigung gebraucht, er hat sie bei seiner Premiere auf der ATP-Tour gegeben. Ofner scheint das für eine gute Karriere nötige Sieger-Gen in sich zu tragen – die Unbekümmertheit und auch die Fähigkeit, sich auf großen Bühnen steigern zu können.

"Der kocht auch nur mit Wasser"

Nach der erfolgreichen Qualifikation bei seinem ersten Rasenturnier überhaupt spielte sich Ofner in London bis in die dritte Runde, schlug dabei u.a. den damals Weltranglisten-18. Jack Sock. Erst gegen Alexander Zverev war dann Schluss. Und nun, im vierten bedeutsamen Match seiner Karriere, feierte Ofner trotz Heim-Premiere und erhöhtem Erwartungsdruck den dritten Sieg. "Mir kommt sicher zugute, dass ich sehr nervenstark bin und ich auf dem Platz keinen Respekt zeige", suchte Ofner nach Erklärungen. Der Gegner sei auch nur ein Tennisspieler. "Der kocht auch nur mit Wasser."

Ofner war vor knapp einem Monat noch ein "Nobody", nun ist er nicht nur österreichischen Tennisfans ein Begriff. Selfies und Autogramme stehen in Kitzbühel auf der Tagesordnung. "Das ist natürlich etwas ganz Neues für mich und es macht mich natürlich nicht unzufrieden", meinte Ofner grinsend.

"Ich bin wieder Außenseiter"

Zumindest bis Mittwoch darf er fleißig weiter Autogramme geben. Und so mancher traut dem in Bruck an der Mur geborenen 1,91-m-Mann durchaus die nächste Sensation zu. Ofner bleibt aber auf dem Boden: "Ich bin wieder Außenseiter, er ist ein sehr guter Sandplatzspieler. Das wird sehr schwierig. Ich konzentriere mich auf mein Spiel, schaue, dass ich mein bestes Tennis zeige, dann werden wir eh sehen."

Cuevas hatte sich im Juni am rechten Knie verletzt, musste nach seiner Nennung für Wimbledon noch absagen und hat überraschend sowohl in Baastad als auch in Hamburg gegen Henri Laaksonen (SUI) bzw. Andrej Kusnezow (RUS) gleich zum Auftakt verloren. "Ich schätze, dass es nicht so eine große Rolle spielt, dass er verletzt war und nichts gewonnen hat", will Ofner dies nicht überbewerten. Cuevas stehe nicht umsonst so weit oben im Ranking. Mit der Bezeichnung "gefährlicher Außenseiter" hatte Ofner aber kein Problem: "Ja, das bin ich", meinte er schmunzelnd.

Richtung Top 150

Mit dem Erfolg hat sich der aktuell noch 157. der Weltrangliste wieder näher in Richtung Top 150 geschoben. Seine Turnierplanung hat sich trotzdem noch nicht sehr verändert. "Ich will weiterhin vermehrt Challenger spielen und sicherlich einige ATP-Turniere einstreuen, wo ich in der Qualifikation spielen werde." Nach Kitzbühel stehen ein Challenger in Vancouver, die Qualifikation für die US Open sowie ein bis zwei Challenger in Südamerika auf dem Programm.

Für das neue Saison-Finale der #nextGen-Spieler in Mailand, wo die besten sieben Spieler (plus eine Wildcard) der Generation der bis inklusive 21-Jährigen am Start sind, liegt Ofner aktuell auf Platz 15. Damit beschäftigt sich der Schützling von Wolfgang Thiem in der Akademie von Günter Bresnik aber nicht. "Nein, das ist überhaupt nicht im Hinterkopf. Da fehlen noch so viele Punkte auf den siebenten Platz."

"Bei der Vorhand sehr viel weitergegangen"

Ofner darf mit seinem ausgezeichneten Aufschlag und sehr starker Rückhand sowie stark verbesserter Vorhand dennoch auf weitere Höhenflüge hoffen. Unterstützt wird er dabei in der Südstadt von mehreren Seiten. "Haupttrainer ist Wolfgang Thiem und mit Andi Fasching reise ich jetzt öfters. Das taugt mir voll, der ist voll dahinter und motiviert, und schaut, dass alles passt", erklärte Ofner einmal mehr. Mit dem Vater von Dominic Thiem trainiere er nun seit gut einem Jahr "als ÖTV-Spieler". "In dem einen Jahr ist bei der Vorhand sehr viel weitergegangen. Auf die kann ich mich jetzt verlassen." Woran er in einem Alter, in dem man ohnehin noch alles verbessern kann, am meisten arbeiten muss? "Am Volley."

Mehr als nur ein interessierter Beobachter in Kitzbühel ist auch Thiem-Coach Bresnik. Der 56-jährige Niederösterreicher erinnert sich gut, als Ofner in seiner Akademie begonnen hat. "Seine Vorhand war richtig schwach. Sogar Jürgen Melzer hat vor kurzem gesagt, was ihn am meisten wundert ist, dass er innerhalb eines Jahres seine Vorhand so verbessert hat." Bresnik zollte da sowohl ÖTV-Trainer Fasching, aber besonders seinem langjährigen Freund Wolfgang Thiem Respekt. Der Vater von Dominic hat die Bresnik-Trainer-Schule durchlebt. "Was der Wolfgang in dem Jahr gemacht hat, ist für mich als Leistung von einem Trainer außergewöhnlich", lobte Bresnik.

"Damals habe ich gesagt, ich nehme ihn nicht"

Er selbst habe Ofner vor fünf, sechs Jahren gesehen und sein Talent erkannt. "Damals habe ich gesagt, ich nehme ihn nicht, weil er aus meiner Sicht nicht seriös genug gearbeitet hat. Das war noch in der Schulzeit", erinnert sich Bresnik. Dann kam Ofner aber ins Bundesheer und er wurde seriöser. Zudem musste Ofner zwischen dem 18. und 20. Lebensjahr einen Wachstumsschub von 12, 13 Zentimetern verkraften. "Dann ist es schnurstracks nach oben gegangen."

Im Gegensatz zu Dominic Thiem, der sich kontinuierlich und konstant nach oben verbessert hat, scheint Ofner das Zeug zum "shooting star" zu haben. Bresnik: "Er ist 21 und hat noch viele Schwachstellen. So hat er gegen Basilaschwili noch nicht überragend gescheit serviert. Abgezockt ist er noch nicht, aber das war auf der Ebene erst sein viertes Match." (APA, 1.8.2017)