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Proteste in Italien nach einer Ratingherabstufung durch Moody's.

Foto: EPA/Stefano Porta

Im Zuge der Finanzkrise kamen die Ratingagenturen unter Beschuss, weil sie Ramschpapiere mit stattlichen Bonitätsnoten versehen hatten. In den Folgejahren kam noch die Eurokrise dazu und mit ihr das Wehklagen über die Dominanz der USA bei der Bewertung der Kreditwürdigkeit von Mitgliedsstaaten der Währungsunion. Das regelmäßige Daumensenken von Standard & Poor's, Moody's und Fitch – die drei allmächtigen US-Agenturen – trug maßgeblich zum Flächenbrand bei, der fast zum Zusammenbruch des Euro führte.

Eine der Lehren aus der Krise: Europa brauche eigene Ratingagenturen als Gegengewicht zu den amerikanischen Marktführern. Ein hehres Ziel, das weit verfehlt wurde. Heute sind die drei Großen mit einem Marktanteil von 93 Prozent in der EU größer denn je zuvor, wie Zahlen der Aufsichtsbehörde ESMA zeigen.

Henne oder Ei? Es liegt an der EZB

Es gibt zwar zahlreiche kleinere Konkurrenten, doch die leiden alle unter der gleichen Unzulänglichkeit. Man könnte diese als Henne-Ei-Problem bezeichnen: Die auf den Kapitalmärkten aktiven Player wollen, dass ihre Schuldverschreibungen von der Europäischen Zentralbank bei deren Operationen berücksichtigt werden. Doch ausgerechnet die Euro-Notenbank akzeptiert bisher nur die Ratings der drei US-Agenturen.

Immerhin: 2016 – ganze acht Jahre nach dem Kollaps von Lehman Brothers – hat die EZB das System etwas geöffnet. Unter gewissen Umständen werden auch andere Anbieter akzeptiert. Doch die Latte liegt hoch: Die kleinen Kontrahenten müssen rund zehn Prozent der im Umlauf befindlichen Anleihen über drei Jahre hinweg bewertet haben, um ein EZB-Gütesiegel zu erhalten. Allein von Banken sind in Europa 11.000 Kreditpapiere im Umlauf.

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Auch in Portugal ging die Bevölkerung wegen der Einstufung als Junk (Ramsch) auf die Straße.
Foto: Reuters/Hugo Correia

Da die Banken und Unternehmen nichts davon haben, wenn eine noch nicht anerkannte Agentur ein Rating ausstellt, müssen die neuen Anbieter in Vorleistung treten und die Bewertung unentgeltlich leisten. Das erklärte der Chef von Creditreform Rating, einem der kleineren Anbieter aus Europa, Michael Munsch, am Mittwoch vor Journalisten. Das Unternehmen will die Kriterien der EZB erfüllen und 2019 zu jenen Agenturen zählen, deren Rating zum Ankauf von Anleihen befähigt. Als nach eigenen Angaben größte Wirtschaftsauskunftei Europas bringe man dafür gute Voraussetzungen mit, wurde betont.

Chancen auf AAA für Österreich

Ebenfalls aktiv ist Creditreform bei der Bewertung von Ländern, wobei sich die Ergebnisse nicht allzu stark von jenen der US-Agenturen unterscheiden. Abweichungen nach oben gibt es dennoch, weil die Eurozone insgesamt positiver gesehen wird. Das ist der Grund dafür, dass beispielsweise Zypern und Griechenland etwas besser geratet werden. Österreich wurde – im Einklang mit den drei großen Konkurrenten – mit AA+ eingestuft. Das ist die zweitbeste Note, nur eine Etage unter der Topbonität AAA, die Österreich mit der Staatsschuldenkrise sukzessive verloren hat.

Bei einer Reduktion der "verhältnismäßig hohen Verschuldung" sei eine Rückkehr in die Topliga möglich, in der unter anderen Deutschland, Luxemburg und die Niederlande spielen, erklärte Munsch. In den Neuwahlen sieht man hingegen ein gewisses Risiko für die Stabilität.

Die Dominanz der US-Ratingagenturen nahm auch Creditreform-Aufsichtsrat Helmut Rödl aufs Korn. Wenn Donald Trump die Devise "America First" ausgebe, könne die Antwort der EU nur sein: "Europe First". (Andreas Schnauder, 2.8.2017)