Atemlos durch die Nacht, doch der tiefe Absturz droht unweigerlich, wenn das eine oder andere Gläschen zuviel die durstige Kehle hinunterfließt. Die fünfteilige Serie des australischen Fotografen Charles Percy Pickering zeigt die einzelnen Phasen, die der trinkfreudige Nachtschwärmer im Laufe eines alkoholseligen Streifzugs durch die Gastwirtschaften der Nachbarschaft durchlaufen kann. Die zunehmende Berauschung wird von Bild zu Bild augenscheinlicher. Die Nachstellung der Intoxikation entstand circa zwischen 1863 und 1868 in einem Fotostudio. 

Alles okay. Es geht mir blendend!
Foto: State Library of New South Wales
Alles oh-okay. Es geht ... es geht mir blendend!
Foto: State Library of New South Wales
A-ha-les okay-hey! Es geht mihier blen, ja blen-de-blend-det.
Foto: State Library of New South Wales
O-oh-ho-kay. Yep. Blen-ded. Es, es geht, ja, ble, bled.
Foto: State Library of New South Wales
Zzzzzzzzzzzz.
Foto: State Library of New South Wales

Schlussendlich schlägt der lange Arm des Gesetzes zu und schleppt den Gestrauchelten in die Ausnüchterungszelle.

Zu welchem Zweck die Bildfolge, die den wenig überraschenden Titel "Five stages of inebriation" (Die fünf Stadien des Rausches) trägt, entstanden ist, ist nicht eindeutig geklärt. Die Vermutung liegt nahe, dass die Fotos im Zuge der pädagogischen Aufklärung über die verheerende Wirkung des Alkohols auf den menschlichen Körper entstanden sind. Auftraggeber könnte eine der zahlreichen Gruppen, die schon in den 1880ern die Enthaltsamkeit predigten, gewesen sein. Seit den 1840er-Jahren wollte der unabhängige Orden Independent Order of Rechabites auch in Australien die totale Abstinenz durchsetzen – drastische Bilder zur Abschreckung könnten dabei durchaus dienlich gewesen sein.

Jahre später feierte die australische Abstinenzbewegung tatsächlich einen Erfolg. Als Sparmaßnahme während des Ersten Weltkriegs mussten Bars und Hotels frühzeitig schließen. Sperrstunde war 18 Uhr. Doch diese Maßnahme führte bloß dazu, dass nach Dienstschluss alle Wirtshäuser sofort gestürmt wurden und sich das Alkoholproblem auf den späten Nachmittag verlagerte – der berüchtigte six o’clock swill

Diese frühe Sperrstunde, die eigentlich nur als kurzfristige Übergangslösung gedacht war, wurde nach dem Ersten Weltkrieg zur Regel, erst Jahrzehnte später wieder aufgehoben, und damit die Sperrstunde weiter in den späteren Abend gerückt. Im Bundesstaat Südaustralien sollte es allerdings bis 1967 dauern, dass man auch nach 18 Uhr auf ein Feierabendbier beim Wirt seines Vertrauens einkehren konnte. (Kurt Tutschek, 9.8.2017)

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