Es ist in Wahrheit zum Schreien: Da konzipiert man monatelang seinen Garten, reißt Altes heraus, setzt Neues und pflegt Kränkelndes – um dann nicht dabei zu sein, wenn es gilt, die Ernte einzufahren. Schuld daran ist der verdammte Urlaub, dieser aufoktroyierte Zwang, fremde Länder nah und fern bereisen zu müssen.

Wie soll man sich in der Toskana am Pool oder auf einem ceylonesischen Elefantenrücken erholen, wenn man weiß, was zu Hause in den Beeten abgeht? Und weiß man es überhaupt? Ist man nicht auf Vermutungen angewiesen oder halluziniert gar das Knabbern der Rüsselkäfer an den Rosen? Eigentlich kann man nie wegfahren.

Im Frühjahr braucht es Präsenz, um den Beeten die beste Voraussetzung zu schaffen. Ausflüge in Gärtnereien und Bauhäuser ersetzen Kurzurlaube. Dann kommen April und Mai, sämtliche Frühlingsblüher zeigen sich in ihren knalligen Farben und helfen so, die elendigen Monate Januar und Februar zu vergessen. Da muss man dabei sein, die Rundreise in Vietnam ist also gestrichen. Es folgt der Rosenmonat Juni. Zu diesem verbietet es einem der Anstand, den Rosen die Bewunderung durch Absenz zu entziehen. Die Woche an der istrischen Ostküste – gecancelt. Juli, letzter Schultag, Ferienzeit. Wohin es gehe, fragen die Kinder: "Wir wollen wandern." "Wir bleiben da", antworten die Eltern und verweisen auf das weißbunte Chinaschilf, einen Hort der Ruhe. Wanderurlaub in China – ist gestrichen.

Hausbankerl statt Elefantenrücken: Gartenbesitzer können eigentlich nie wegfahren.
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Auf erdigem Parkett

Im August kann man aber auch nicht weg. Die Echinaceen und Rudbeckien zeigen, was sie draufhaben, und knallen gemeinsam mit Sonnenbräuten, Nachtkerzen und Cosmeen eine feurige Salsa auf das erdige Parkett des Gartens. Über den September brauchen wir erst gar nicht zu reden. Mild das Licht, warm die Atmosphäre und satt die Farben der Spätsommerblüher. Wer jetzt nicht auf dem Hausbankerl sitzt, hat offensichtlich nicht aufgepasst, als im Yogakurs von Dissoziationsruhe die Rede war.

Also, Hand aufs Herz, wer einen Garten sein Eigen nennt, kann in der Vegetationsphase nicht verreisen. (Gregor Fauma, RONDO, 17.8.2017)

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