Diese künstlerische Darstellung zeigt die Umlaufbahnen dreier Sterne, die dem supermassereichen Schwarzen Loch (blauer Kreis in der Mitte) im Milchstraßenzentrum sehr nahe sind. Nun fanden Forscher Hinweise darauf, dass der Orbit des Sterns namens S2 leicht von der mit der klassischen Physik berechneten Bahn abweicht.

Illustr.: ESO/M. Parsa/L. Calçada

Garching – Erstmals haben Astrophysiker beobachten können, dass ein riesiges Schwarzes Loch relativistische Auswirkungen auf Sterne in seiner näheren Umgebung hat: Der Orbit des Sterns S2 weicht nämlich leicht von der mit klassischer Physik berechneten Bahn ab. Die Ergebnisse stellen den Auftakt zu einer Reihe weiterer präziser Tests der Relativitätstheorie dar.

Im Zentrum der Milchstraße, 26.000 Lichtjahre von der Erde entfernt, liegt das uns nächst gelegene supermassereiche Schwarze Loch. Dieses Schwerkraftmonster mit einer Masse von vier Millionen Sonnenmassen ist von einer kleinen Gruppe von Sternen umgeben, die es aufgrund seines sehr starken Gravitationsfeldes mit hoher Geschwindigkeit umkreisen. Es ist eine perfekte Umgebung, um die Gravitationsphysik und insbesondere Einsteins Allgemeine Relativitätstheorie zu testen.

Ein Team deutscher und tschechischer Astronomen hat mithilfe neuer Techniken die riesige Menge an Beobachtungsdaten analysiert, die im Laufe der letzten zwanzig Jahre unter anderem mit dem Very Large Telescope (VLT) der ESO von diesen Sternen gesammelt wurden. Sie verglichen die gemessenen Sternumlaufbahnen mit Vorhersagen, die mit dem klassischen Newtonschen Gravitationsgesetz getroffen wurden, sowie mit Vorhersagen aus der Allgemeinen Relativitätstheorie.

Video: Das supermassive Schwarze Loch im Zentrum unserer Galaxie hat relativistische Auswirkungen auf Sterne in seiner Umgebung.
European Southern Observatory (ESO)

Winzige Veränderungen

Das Team fand dabei Hinweise für eine kleine Veränderung in der Bewegung eines Sterns namens S2, die mit den Vorhersagen der Allgemeinen Relativitätstheorie im Einklang steht. Die Veränderung durch relativistische Effekte bei der Form der Umlaufbahn beträgt nur wenige Prozent und bei der Orientierung nur etwa ein Sechstel Grad. Dies ist das erste Mal, dass eine Messung der Stärke der Effekte der Allgemeinen Relativitätstheorie für Sterne gelang, die ein supermassereiches Schwarzes Loch umkreisen.

Marzieh Parsa (Universität zu Köln), Erstautorin des Fachartikels im "Astrophysical Journal", freut sich: "Das galaktische Zentrum ist wirklich die beste Umgebung, um die Bewegung von Sternen unter relativistischen Bedingungen zu untersuchen. Ich war erstaunt, wie gut wir die Methoden, die wir mit simulierten Sternen entwickelt haben, auf die hochpräzisen Daten für die innersten Sterne mit hohen Geschwindigkeiten nahe des Schwarzen Lochs anwenden konnten."

Genau Bestimmung der Umlaufbahn

Die hohe Genauigkeit der Positionsmessungen, die durch die Nahinfrarot-Instrumente mit adaptiver Optik am VLT ermöglicht wurden, war für den Erfolg der Untersuchung ausschlaggebend. Entscheidend waren sie nicht nur während der engen Annäherung an das Schwarze Loch, sondern vor allem während der Zeit, als S2 weiter weg vom Schwarzen Loch war. Diese Daten erlaubten eine genaue Bestimmung der Form der Umlaufbahn und wie sie sich unter dem Einfluss der Relativität verändert.

"Im Laufe unserer Analyse haben wir erkannt, dass man für die Bestimmung der relativistischen Effekte für S2 die gesamte Umlaufbahn mit hoher Präzision kennen muss", erklärt Andreas Eckart, Teamleiter an der Universität zu Köln. Neben genaueren Informationen über die Umlaufbahn des Sterns S2 liefert die neue Analyse auch mit einer höheren Genauigkeit als zuvor die Masse des Schwarzen Lochs und seinen Abstand von der Erde.

Weitere Beobachtungen folgen

Die Ergebnisse sind der Auftakt einer Reihe von Beobachtungen des galaktischen Zentrums durch Astronomen auf der ganzen Welt. Im Jahr 2018 wird der Stern S2 dem supermassereichen Schwarzen Loch sehr nahe kommen. Bis dahin soll das GRAVITY-Instrument, das von einem großen internationalen Konsortium unter der Führung des Max-Planck-Instituts für extraterrestrische Physik in Garching entwickelt und am VLT-Interferometer montiert wurde, die Umlaufbahnen nochmal um einiges genauer messen können als es derzeit möglich ist.

Man geht davon aus, dass nicht nur die Effekte der Allgemeinen Relativitätstheorie klar nachweisbar sein werden, sondern auch, dass die Messungen es Astronomen ermöglichen werden, nach Abweichungen von der Allgemeinen Relativitätstheorie zu suchen, die eine gänzlich neue Physik zu Tage bringen könnten. (red, 13.8.2017)