Bill Binney, Max Schrems und Thomas Lohninger sprachen sich gegen das Sicherheitspaket aus.

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Die erste Reihe der Gegner des sogenannten Sicherheitspakets der Regierung hat namhafte Unterstützung bekommen. Bill Binney, ehemaliger technischer Direktor des Geheimdiensts NSA und späterer Whistleblower, bezeichnete am Freitag in einer Pressekonferenz von epicenter.works die Vorhaben als verfehlte Politik. "Massenüberwachung ist nicht geeignet, Terrorismus zu begegnen", so Binney. Und er betonte, dass "es keinen einzigen Beleg dafür gibt, dass das massenhafte Sammeln und Auswerten von Daten tatsächlich für mehr Sicherheit sorgt oder bei der Aufklärung von schwerer Straftaten helfen kann".

"Aktionismus der ÖVP für Schlagzeilen"

Ihm zur Seite stand der wohl bekannteste Datenschützer Österreichs. Max Schrems bezeichnete das Sicherheitspaket als Aktionismus der ÖVP für Schlagzeilen. Er sieht eine schleichende Verschärfung der Überwachungsmaßnahmen seit Jahren. So habe es seit 2001 insgesamt 28 Novellen des Sicherheitspolizeigesetzes gegeben. Namentlich kritisierte er vor allem den derzeitigen Innenminister, der sich etwa durch die USA beflügelt sehe: "Man hat das Gefühl, es ist Sobotkas (Wolfgang, ÖVP, Anm.) Kindergeburtstag", der "völlig schmerzbefreit" den Datenschutz einschränken will.

Binney und Schrems bei der Pressekonferenz, die von zahlreichen Journalisten besucht wurde.
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Er erinnerte auch daran, dass es in den letzten Jahren immer wieder schwere Verstöße seitens staatlicher Behörden gegen den Datenschutz gegeben habe, etwa im Rahmen des Verfahrens gegen Tierschützer oder als Telefonprotokolle des ehemaligen FPÖ-Politikers Walter Meischberger an die Öffentlichkeit gelangten. Er rechnet auch damit, dass Teile des Sicherheitspakets vor dem Verfassungsgerichtshof landen werden.

Vorratsdatenspeicherung

Thomas Lohninger von epicenter.works sieht das ähnlich. Seine Organisation, damals noch unter dem Namen AK Vorrat, hat auch bereits die Vorratsdatenspeicherung in Österreich zu Fall gebracht. Er bezeichnete das angedachte Sammeln von Videomaterial, etwa von ÖBB- oder Wiener-Linien-Passagieren, als Vorratsdatenspeicherung. Bei der Ausweispflicht bei Wertkartenhandys werde "Millionen Unschuldigen" die Möglichkeit genommen, anonym zu kommunizieren.

Zusätzlich kritisierte er die geplanten Netzsperren, "die nicht mit Terrorismus zu tun haben". Die Pläne der Regierung überlassen es Internet-Anbietern, welche Seite sie ihren Kunden nicht mehr zugänglich machen. Rechtliche Schritte gegen derartige Entscheidungen sind nicht vorgesehen. Mit der Pressekonferenz wollte epicenter.works auf die weniger diskutierten Themen des Sicherheitspakets aufmerksam machen, da sich die öffentliche Diskussion hauptsächlich um den Einsatz des Bundestrojaners dreht.

Kosten

Vor hohen Kosten aufgrund der Einführung neuer Überwachungssysteme warnte der niederländische Sicherheitsexperte Arjen Kamphuis. Diese gingen weit über die Anschaffung und den Betrieb hinaus. Wenn der Staat Sicherheitslücken bewusst nutzt anstatt für deren Schließung zu sorgen, seien die Folgekosten nämlich enorm. (sum, APA, 11.8.2017)