Christian Kern bekommt ein Personenkomitee – woher der organisierende Verein das Geld dafür bekommt, wird nicht offengelegt.

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Wien – Die SPÖ lässt das Personenkomitee für Parteichef Christian Kern von einem formal von der Partei unabhängigen Verein organisieren. Dass damit die Transparenzregeln des Parteiengesetzes umgangen werden könnten, weist der Organisator und SP-Bundesrat Reinhard Todt auf APA-Anfrage zurück. Seine Spender will der Verein allerdings nicht offenlegen.

Öffentlich in Erscheinung getreten ist das "Team A" genannte Personenkomitee noch nicht. Eine Adresse gibt es aber schon: Die Herrengasse 1-3 in der Wiener Innenstadt, wo auch die Kampagne des SP-Präsidentschaftskandidaten Rudolf Hundstorfer residierte. Das Logo des "Team A" ist Kerns "Plan A" nachempfunden. Die zugehörige (noch nicht aktive) Internet-Adresse (www.team-a.at) ist auf den "Verein IDEE Initiative demokratische Entwicklung & Eigeninitiative" (www.beste-idee.at) registriert. Der nennt sich zwar "überparteilich", sitzt aber in einem Haus des SP-nahen Verbands Wiener Arbeiterheime in der Alserbachstraße.

Partei will nichts mit Verein zu tun haben

Aus einer der APA vorliegenden Email des "Team A" geht hervor, dass das Personenkomitee seit zumindest Ende Juli um "Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Wissenschaft, Kultur und Zivilgesellschaft" für ein "Unabhängiges Personenkomitee" des Kanzlers wirbt. Verfasst wurde die Email von einer Frau, die laut Vereinsregister gleichzeitig als Finanzbeauftragte des Vereins IDEE fungiert. Dieser Verein hat im Gemeinderatswahlkampf 2015 Wiens Bürgermeister Michael Häupl unterstützt. Vorsitzende ist die SP-nahe Meinungsforscherin Imma Palme, Stellvertreter Ex-Klubobmann Peter Kostelka.

Die SP-Zentrale wollte die Tätigkeit des Vereins auf APA-Anfrage nicht kommentieren, weil die Partei damit nichts zu tun haben. IDEE-Geschäftsführer und SP-Bundesrat Todt weist den Verdacht, mit dem Verein die für Parteien geltenden Transparenz- und Wahlkampfkostenregeln unterlaufen zu wollen, von sich. "Es ist ganz sicher keine Umgehungskonstruktion, sondern eine Plattform für Menschen, die sich politisch engagieren." Warum das Personenkomitee dann nicht gleich von der Partei organisiert wird? "Weil es Menschen gibt, die Christian Kern unterstützen wollen und nicht die SPÖ. Ich weiß, dass es auch Menschen gibt, die Herrn Kurz unterstützen, aber nicht die ÖVP."

"Im Prinzip" Kleinspenden

Dass das Personenkomitee auch Wahlkampfspenden von Kern-Unterstützern annehmen würde, verneint Todt: "Diese Spende nehme ich nicht an, weil derjenige kann auch ganz offiziell bei der SPÖ seine Spende abgeben." Nachprüfen lässt sich das allerdings nicht. Denn während die SPÖ Zuwendungen über 3.500 Euro offenlegen müsste, gilt diese Verpflichtung weder für den Verein noch für das Personenkomitee. Todt bestätigt auch, dass der Verein seine Spender nicht bekannt gibt: "Wir geben das nicht auf die Homepage. Im Prinzip sind das Kleinspenden gewesen."

Erfahrung mit Wahlen hat der Verein IDEE jedenfalls bereits: Neben Häupl unterstützte der Verein laut Todt auch SP-Präsidentschaftskandidat Rudolf Hundstorfer und nach dessen Ausscheiden den Grünen Alexander Van der Bellen (letzteren mit einer Spende von 11.178,90 Euro). "Wir haben Persönlichkeiten angesprochen, damit sie auf die Van der Bellen-Homepage gegangen sind", erklärt der SP-Bundesrat dazu.

Dass Personenkomitees durch formal von der Partei getrennte Vereine organisiert werden, ist nicht neu: 2013 setzten sowohl ÖVP-Spitzenkandidat Michael Spindelegger als auch Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll auf solche Konstruktionen. Im Rechenschaftsbericht der ÖVP für das Wahljahr tauchten die Initiativen dann nicht auf. Denn explizit fixiert ist eine Rechenschaftspflicht für Personenkomitees nur bei Bundespräsidentenwahlen, nicht aber bei Nationalratskampagnen.

"Wahlkampffolklore" oder Umgehung?

Ob diese Vereine eine Umgehung der Rechenschaftspflicht darstellen, hängt für den auf Parteienfinanzierung spezialisierten Politikwissenschafter Hubert Sickinger davon ab, ob teure Aktivitäten gesetzt werden. Historisch seien die Personenkomitees nämlich eher "Aufputz" für die Kandidaten und "Wahlkampffolklore" gewesen. "Das kann sich natürlich ändern, aufgrund der Regeln des Parteiengesetzes, dass man Personenkomitees nützt, um Spenden und Wahlkampfausgaben von der Partei wegzubekommen", so Sickinger.

Als Beispiel verweist er auf 2013: Während Spindeleggers Personenkomitee bis auf eine Veranstaltung kaum in Erscheinung trat, schaltete Prölls "Initiative Niederösterreich" sogar Plakatwerbung. Heuer verzichtet die ÖVP jedenfalls auf ein externes Komitee und hat angekündigt, alle Wahlkampfspenden im Internet offenzulegen.

Kritik vom politischen Mitbewerb

"Das heute bekanntgewordene Konstrukt rund um eine mögliche Wahlkampffinanzierung bei der SPÖ deutet auf eine gezielte Umgehung des Parteienfinanzierungsgesetzes hin und gehört umfassend aufgeklärt", sagt ÖVP-Generalsekretärin Elisabeth Köstinger. "Sollten bereits Gelder über den Verein geflossen sein, ist die SPÖ gut beraten diese Zahlungen sofort rückabzuwickeln und diese unsauberen Praktiken einzustellen."

Brosz, der das Parteienfinanzierungsgesetz für die Grünen mitverhandelt hat, sagte zur APA, dass explizit auch nahestehende Organisationen vom Gesetz umfasst seien. Aus seiner Sicht gelten die Transparenzregeln daher auch für den Unterstützer-Verein von Kern. Bei Verdacht auf Verstöße werde er den Rechnungshof einschalten, kündigte Brosz an. Die SPÖ sollte dem Beispiel anderer Parteien folgen und Spender sowie die Höhe der jeweiligen Spende freiwillig veröffentlichen.

Für FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl ist das Personenkomitee "Beweis dafür, dass die SPÖ ihre Zukunft bereits hinter sich hat". Die Distanzierung der SPÖ sei "ebenso unehrlich wie die Slogans von Kern". Kickl vermutet, "dass dieses neue Konstrukt einzig und allein dem Zweck dient, Transparenz- und Wahlkampfkostenregeln zu unterlaufen" und verlangt "eine eidesstattliche Erklärung von SPÖ-Wahlkampfleiter Niedermühlbichler und von SPÖ-Chef Kern, dass die SPÖ keine Kosten des Nationalratswahlkampfes über dieses sogenannte unabhängige Personenkomitee finanziert".

Neos kritisieren rechtliche Regelungen

Die Neos hinterfragen die derzeitigen Regelungen zur Transparenz der Parteienfinanzierung ganz generell. Generalsekretär Nikola Donig forderte am Sonntag in einer Aussendung die "volle Wahrheit an 365 Tagen im Jahr". Darauf hätten die Steuerzahler ein Recht, nicht nur in Wahlzeiten.

Das Problem sei neben möglichen Umgehungskonstruktionen das finanzielle Getrickse rund um Stichtage. "Wenn etwa die ÖVP laut Berichten vor dem Stichtag schon soviel Geld in Werbung steckt, wie andere Parteien im gesamten Wahlkampf, dann wird das System der Wahlkampfkosten-Begrenzung vor den Augen aller Steuerzahlerinnen und Steuerzahler ad absurdum geführt", kritisierte Donig. (APA, 13.8.2017)