Keinen Tag Haft für einen Kindergartenpädagogen, der acht Kleinkinder sexuell missbraucht hat? Ja, das hört sich nach einem veritablen Skandal an, der nicht nur in Internetforen und an Stammtischen Empörung auslöst, sondern bei allen, die fürchten, dass ihre Kinder Opfer werden könnten. Tatsächlich zeigt der Fall Probleme auf – nur andere, als man zunächst meinen könnte.

Die Tatsachen: Der 25-Jährige hat gestanden, bis 2014 Mädchen und Buben in seiner Obhut missbraucht zu haben. Schon vor zweieinhalb Jahren wurde in einem Fall ermittelt, psychologische Gutachten entlasteten ihn. Wie es nun zur Verurteilung durch ein Salzburger Schöffengericht gekommen ist? Der Angeklagte kündigte im Herbst 2016, ging selbst zur Polizei und gestand weit mehr Fälle, als zuvor bekannt gewesen sind. Auch eine Psychotherapie begann er und suchte sich einen neuen Arbeitsplatz.

Ja, bei einem Strafrahmen von einem bis zu zehn Jahren sind 18 Monate bedingt und eine Geldstrafe wenig. Aber: Die Staatsanwaltschaft hat ohnehin Berufung eingelegt, man muss also abwarten, was herauskommt. Und: Der Mann hat sich selbst gestellt und die Verbrechen zugegeben – hätte er das nicht gemacht, wäre ihm jetzt nichts passiert.

Das eigentliche Problem liegt tiefer: In dem Urteil wurde ihm auch die Weisung zur (Fortsetzung der) Psychotherapie erteilt. Bekommt er aber einen Teil der Strafe unbedingt, kann diese Weisung nur für die Zeit nach der bedingten Entlassung erteilt werden. Wo ist der Gewinn für die Gesellschaft, ihn ein Jahr ohne Betreuung wegzusperren? Das hätte zudem seinen beruflichen Ruin bedeutet, und seine Opfer wären um ihren Schadenersatz umgefallen.

Nach härteren Strafen zu brüllen ist der einfachere Weg. Der klügere wäre zu überprüfen, ob die Gerichte wirklich alle Instrumente für Sanktionen haben, die ein Verbrechen ahnden, aber auf den Einzelfall eingehen können. (Michael Möseneder, 13.8.2017)