Foto: APA / Hans Punz

Der Einstieg besticht nicht gerade mit Originalität. Die Frage "Warum tun Sie sich das an?" durften Politiker schon ähnlich oft beantworten wie Skiweltmeister das "Wie fühlen Sie sich?". Gute Gelegenheit für die Grüne Parteichefin und Tiroler Vizelandeshaupfrau Ingrid Felipe, im ORF-"Sommergespräch" gleich einmal ein paar Parolen vom "Durchstarten, weil Österreich die Grünen braucht" loszuwerden.

Viel Toleranz für politikertypische Allgemeinplätze ("in der Krise Chancen finden") bringt Moderator Tarek Leitner nicht auf. Als Felipe von der grünen Krise in einen Exkurs über die generell schwierigen Umbrüche in der Gesellschaft abbiegt, fährt ihr der Interviewer hinein: "Aber die Gesellschaft kandidiert ja nicht."

Leitner wirkt immer ungeduldiger, manchmal sogar genervt – und setzt sich selbst unter der Zeitdruck. Ein Thema nach dem anderen peitscht er durch, von sommerabendsangepasster Entspanntheit keine Spur. Mitunter bleibt da kein Raum, um mehr als ein paar Standardargumente auszutauschen – Beispiel Flüchtlingsproblem: Am Ende wirken beide Seiten froh, dass die Frage abgehakt ist.

Bei der Umweltpolitik müht sich Leitner ab, Felipe von der abstrakten Ebene ("wir müssen raus aus dem fossilen Denken") herunterzuholen, bodenständiger bringt sie Forderung nach einer Mietobergrenze rüber. Als frisch geschiedene und alleinerziehende Mutter mit einst bescheidenem Verdienst habe sie selbst erfahren, wie erdrückend Wohnkosten sein könnten.

Dankbar ergreift Felipe Gelegenheiten, in die Tiroler Heimat abzuschweifen – und die ausweichende Antwort auf die Frage, ob sie nach der Wahl Bundeschefin bleibe, legt den Verdacht nahe: Sie wäre bald gerne wieder zur Gänze dort. (Gerald John, 15.8.2017)

STANDARD-Chefredakteurin Alexandra Föderl-Schmid und Gerold Riedmann, Chefredakteur der Vorarlberger Nachrichten, analysieren das ORF-Sommergespräch mit Grünen-Chefin Ingrid Felipe.
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ZIB 2-Zusammenfassung
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Felipe über die Krise der Grünen
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Felipe über leistbares Wohnen
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Felipe zur Migrationsfrage
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