Für die Intervention "Monumentits" von Marie Carangi erklommen zwei Frauen die Fassade des Nationaltheaters in Brasília.

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Wien – Die zunehmende Vernetzung durch die modernen Technologien verändert unser Empfinden von Nähe und Distanz: Von dieser Überlegung geht jene Ausstellung aus, die aktuell im Freiraum des Wiener Museumsquartiers zu sehen ist. Unter dem Titel Welt kompakt? hat Kuratorin Ursula Maria Probst 33 Positionen zusammengespannt, die sich mit Fragen einer Demokratie unter neuen Vorzeichen ebenso befassen sollen wie mit deren medialen Voraussetzungen.

Ob man als Betrachter das Thema erriete, hätte man keinen Beipacktext, sondern nur die bewussten Arbeiten vor sich, bleibe dahingestellt. Eher schon würde man angesichts der Künstlerliste zwischenzeitlich wohl auf ein Feature brasilianischen (Polit-)Kunstschaffens tippen. Jedenfalls widmet sich die Kuratorin hier vielen jener Künstler, die sie auf einer Recherchereise durch Lateinamerika kennenlernte.

Weltverändernde Kraft

So sieht man in der Schau etwa ein Video des in São Paulo lebenden Künstlers Lucas Bambozzi, das wandfüllend-monumental eine Menschenmenge zeigt. Über alle sozialen Grenzen hinweg findet die bunt gemischte Gruppe in einem schwarzen, nicht näher definierbaren Raum zusammen, schwingt Banner, löst sich schließlich wieder auf. Eine zufällig zusammengekommene Menge, die sich ihrer weltverändernden Kraft nicht gänzlich bewusst ist, wollte der Künstler hier lebensgroß beschwören.

Nun sieht man sich als Betrachter einem Kollektiv gegenüber, das die Verkörperlichung einer Facebook-Gruppe sein könnte und nicht zuletzt deshalb etwas Bedrohliches hat – ganz anders als jene Zusammenkünfte, die Anna Jermolaewa filmte. Ihr Video Pipas zeigt eine ausgelassene Tanzveranstaltung auf einem Markt in Rio de Janeiro. Der Tanz als Weg zu einer neuen Demokratie ist dabei eine Idee, die in Welt kompakt? mehrfach wiederkehrt.

Körper und Architektur

Eine Arbeit mit dem eigenen Körper ist von Camila Rocha Campos zu sehen: Für ein Performancevideo schnallte sich die Künstlerin einen Korb um den Kopf, der nach und nach mit Steinen befüllt wird. Ins Feld feministischer Kunst führt daneben aber auch etwa Marie Carangi: Für die Intervention Monumentits, die das Verhältnis von Körper und Architektur in den Blick nimmt, erklommen zwei Frauen, die Brüste entblößt, das von Oscar Niemeyer entworfene Nationaltheater in Brasília.

Enger an Titel und Thema gebunden – wir erinnern uns: Welt kompakt? – ist wiederum der Beitrag Axel Stockburgers. Der Wiener Künstler ließ ein fiktives Superheldenkostüm entwerfen, und zwar in Anspielung auf die Cosplay-Kultur, deren Anhänger sich als Computerspiel- oder Comiccharaktere verkleiden. (Roman Gerold, 18.8.2017)