Ein Nashorn auf der Farm von John Hume in Südafrika wacht langsam wieder auf, nachdem dem Tier die Hörner abgesägt wurden.

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John Hume betrachtet sich als Retter der Nashörner.

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Die Uhr tickt. "Noch 20 Stunden, 14 Minuten und acht Sekunden bis zur ersten legalen Nashorn-Auktion Südafrikas", teilt die Website von John Hume, dem größten Nashornzüchter der Welt, am Dienstagnachmittag mit. "Sieben Sekunden, sechs Sekunden ...", geht der Countdown wie beim Start einer Weltraumrakete weiter. Der dramatische Werbegag insinuiert, dass am Kap der Guten Hoffnung am Mittwoch Geschichte geschrieben wird: Ob es eine Geschichte zur Rettung oder zur endgültigen Ausrottung der 50 Millionen Jahre alten Dickhäuter sein wird, ist allerdings noch offen.

Mehr als 250 Hörner, die Hume seinen zu diesem Zweck betäubten Rhinozerossen regelmäßig absägt, sollen zunächst online, schließlich aber auch in klassischer Manier mit dem Hammer versteigert werden. Wenn alles nach Plan geht, könnte Hume bereits am Wochenende um umgerechnet 25 Millionen Euro reicher sein. Denn auf dem Schwarzmarkt werden für ein Kilogramm Nashorn rund 50.000 Euro bezahlt, mehr als für Gold oder Kokain.

Milliardengeschäft Nashorn

Allerdings lief schon vor der Verkaufsaktion nicht alles nach Plan. Eigentlich sollte die Versteigerung bereits am Montag beginnen, doch weil Südafrikas Regierung zunächst keine Genehmigung erteilte, musste der Countdown noch einmal zurückgesetzt werden. Hume hatte am Wochenende die Gerichte angerufen, um Pretoria in letzter Minute zur Zustimmung zu zwingen: Das Landgericht in der südafrikanischen Hauptstadt gab dem Nashornzüchter am Sonntagabend recht.

Warum Umweltministerin Edna Molewa ihre Genehmigung zurückhielt, blieb wie so vieles in der südafrikanischen Administration im Dunkeln. Denn eigentlich ist Pretoria an einer Freigabe des Nashornhandels interessiert: Auch Molewa wittert einen Milliardenmarkt.

Moratorium verfassungswidrig

Hume war bereits vor einem Jahr vor Gericht gezogen, um Südafrikas Handelsmoratorium für verfassungswidrig erklären zu lassen. Der Bann sei ohne Einvernehmen mit den 350 Nashornzüchtern des Landes erlassen worden, argumentierte Hume – und hatte Erfolg. Pretoria hätte ein neues, formal einwandfreies Moratorium beschließen können, tat es allerdings nicht.

Nun hat Hume, auf dessen Farm fast 1500 Rhinozerosse unter schärfsten Sicherheitsvorkehrungen grasen, freie Bahn. Insgesamt soll Hume auf fast sechs Tonnen bereits "geerntetem" Nashorn sitzen. Die Dickhäuter sind derzeit einem beispiellosen Großangriff von Wilderern ausgesetzt: Ihre aus Keratin – demselben Stoff wie menschliche Fingernägel – bestehenden Hörner gelten in Ostasien als Heilmittel gegen Krebs, Fiebererkrankungen oder Impotenz. Allein in Südafrika, wo rund 80 Prozent der noch weltweit verbliebenen 25.000 Dickhäuter leben, werden Jahr für Jahr mehr als 1000 von ihnen geschossen.

Tierschützer kritisieren Auktion

Hume betrachtet sich als Retter der Rhinozerosse. Ohne seine Bemühungen sei ihr Schicksal besiegelt, meint der weißhaarige Züchter: Werde der ostasiatischen Nachfrage auf legale Weise entsprochen, müssten keine Dickhäuter mehr sterben. Tierschützer teilen das Argument allerdings nicht. Der legalisierte Verkauf rege die Nachfrage nur noch zusätzlich an, sind Naturschutzverbände überzeugt. Außerdem untergrabe der in korrupten Staaten wie Südafrika kaum zu kontrollierende Handel das internationale Handelsverbot.

Denn der bereits 1973 im Washingtoner Artenschutzabkommen enthaltene internationale Bann bleibt ungeachtet der südafrikanischen Kapriolen weiterhin in Kraft. Eigentlich darf das Nashorn nur in Südafrika verkauft werden: Doch weil hier niemand an die wunderbare Wirkung von Keratin glaubt, würde Hume für seine Hörner kaum etwas erhalten. Er rechnet also selbst damit, dass sein Nashorn schließlich illegal den Weg nach Ostasien findet – sonst hätte er seine Website nicht gleich vom Englischen auch ins Chinesische und Vietnamesische übersetzen lassen. (Johannes Dieterich aus Johannesburg, 23.8.2017)