In ganz Europa wurde gegen Ausgabenkürzungen protestiert – in Österreich fanden sie bisher nicht statt.

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Österreichs Parteien überbieten sich im Wahlkampf mit ihren Forderungen nach Steuersenkungen und Ausgabenkürzungen. ÖVP-Chef Sebastian Kurz eröffnete die Auktion mit 12 bis 14 Milliarden Euro, FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache folgte mit einem präziseren Streichungsprogramm von 13,2 Milliarden Euro. Und die Neos schlagen nun sogar 19 Milliarden Euro weniger Staatsausgaben im Jahr vor, um auf diese Weise Steuern senken zu können. Bei einem jährlichen Staatshaushalt von 77,5 Milliarden Euro wäre das eine Kürzung von einem Viertel.

Gleich vorweg: Eine solche Budgetdiät ist möglich. Der österreichische Staat könnte tatsächlich deutlich weniger ausgeben – bei Pensionen, bei Sozialleistungen, im Gesundheitswesen, in der Verwaltung. Andere westeuropäische Staaten schaffen das.

Und ein deutlich schlankerer Staat wäre auch in vieler Hinsicht sinnvoll. Weder Deutschland noch die Schweiz, die beide eine geringere Staatsquote aufweisen als Österreich, sind Beispiele für gescheiterte Staaten. Aber genauso wenig ist es Dänemark, wo der Staat noch mehr ausgibt als bei uns.

Mehr Ausgaben für den Einzelnen

Wenn die öffentliche Hand weniger zahlt, dann muss der Einzelne tiefer in die Tasche greifen. Doch das fällt bei niedrigeren Steuern und Abgaben auch leichter. Vielleicht wird in diesem Fall etwas weniger umverteilt, also für weniger finanziellen Ausgleich zwischen Arm und Reich gesorgt. Aber ein Großteil der Ausgaben in Österreich erfüllen diesen Zweck ohnehin nicht. Bei Universitäten und Beamtenpensionen läuft die Umverteilung eher in die andere Richtung.

Und gerade die Schweiz und ihr hervorragendes Bahnnetz zeigen, dass ein schlanker Staat nicht bei wichtigen Ausgaben wie Infrastruktur sparen muss.

Hoffnung auf mehr Effizienz

Also es gibt gute Argumente für eine deutliche Ausgabensenkung. Vor allem besteht die Hoffnung, dass eine Verwaltung, die weniger Geldmittel zur Verfügung hat, effizienter arbeitet und die Geldverschwendung etwa im Förderwesen eingeschränkt wird.

Aber eines sollten die Verfechter eines schlanken Staates nicht behaupten: dass dann die öffentlichen Leistungen gleich bleiben. Das können sie nicht. In allen Bereichen wird die Republik nach einer solchen Radikalkur Leistungen kürzen müssen – weniger Pensionszahlungen, höhere Selbstbehalte – man kann es sich ausrechnen.

In was für einem Staat man leben will

Es ist eine philosophisch-politische Frage, ob wir in einem Land mit hohen Steuern und großzügigen Leistungen leben wollen – oder in einem mit niedrigeren Steuern und einem geringeren Angebot der öffentlichen Hand.

Das letztere ist gut argumentierbar – aber nicht, indem man so tut, als ob es für die Bürgerinnen und Bürger gar nicht fühlbar wäre. (Eric Frey, 26.8.2017)