Auf dem Hubble-Bild des Systems CLASS B1152+199 ist zu erkennen, wie der ferne Quasar durch den Gravitationslinseneffekt der Vordergrundgalaxie in zwei unterschiedliche Bilder A und B aufgespalten wird.

Illustr.: Sui Ann Mao

Die Strahlung des Quasars in einer Entfernung von 7,9 Milliarden Lichtjahren wird durch die als Gravitationslinse wirkende Vordergrundgalaxie in 4,6 Milliarden Lichtjahren Entfernung gekrümmt.

Illustr.: Sui Ann Mao

Bonn – Internationalen Astronomen ist es gelungen, die bislang fernste und damit älteste Galaxie des bekannten Kosmos auszumachen, die ein messbares Magnetfeld besitzt. Die Forscher verdanken diese einmalige Beobachtung einem Quasar im Hintergrund der fünf Milliarden Lichtjahre entfernten Galaxie, dessen Licht durch das Magnetfeld polarisiert wurde.

Dass Sterneninseln Magnetfelder entwickeln, konnten Wissenschafter bereits früher in näher liegenden Galaxien feststellen. Auch unsere eigene galaktische Heimat besitzt ein solches schwaches geordnetes Magnetfeld. Wie dieses Phänomen entsteht und seit wann es das im Universum gibt, war bisher allerdings unklar. Eine gewaltige kosmische Gravitationslinse und das Very Large Array-Radioteleskop in New Mexico (USA) verhalfen dem Team um Sui Ann Mao vom Max-Planck-Institut für Radioastronomie in Bonn nun zu einigen Antworten auf diese Fragen.

Zwei Bilder einer Galaxie

Wenn ein Hintergrundquasar in großer Entfernung und eine etwas nähergelegene Vordergrundgalaxie direkt hintereinander in der Sichtlinie stehen wie im Fall des Systems CLASS B1152+199, kann der Lichtweg des weiter entfernten Quasars durch den Gravitationslinseneffekt der Vordergrundgalaxie so gekrümmt werden, dass zwei separate Bilder des Quasars von der Erde aus zu sehen sind. Da die Strahlung des Quasars unterschiedliche Bereiche der als Gravitationslinse wirkenden Galaxie passiert, wird es möglich, Magnetfelder in einer Galaxie zu untersuchen, die wir sonst gar nicht erfassen könnten.

Das Forscherteam hat eine spezielle Eigenschaft der gemessenen Radiowellen ausgewertet, die als Polarisation bezeichnet wird und die durch das Magnetfeld der Vordergrundgalaxie verändert wird. Die Astronomen haben speziell diese Veränderung, den sogenannten Faraday-Effekt, in den beiden unterschiedlichen Bildern des Hintergrundquasars vermessen und konnten so zeigen, dass die als Gravitationslinse wirkende Galaxie über ein großskaliges zusammenhängendes Magnetfeld verfügt.

Dynamoprozess als mögliche Ursache

Die Entdeckung eines starken zusammenhängenden Magnetfelds in einer Galaxie in knapp fünf Milliarden Lichtjahren Entfernung und damit zu einer Zeit von nur zwei Dritteln des heutigen Alters des Universums ermöglicht den Forschern zu vermessen, wie schnell sich diese Magnetfelder in Galaxien aufbauen. "Obwohl diese weit entfernte Galaxie im Vergleich zu heutigen Galaxien weniger Zeit hatte, ihr Magnetfeld aufzubauen, war sie trotzdem dazu in der Lage", sagt Mao, Erstautorin der Veröffentlichung im Fachjournal "Nature Astronomy". Die Ergebnisse unterstützen die Idee, dass galaktische Magnetfelder durch einen Dynamoprozess aufgebaut werden.

Trotz großer Fortschritte im Bereich der Kosmologie ist es nach wie vor ein Rätsel, wie der Magnetismus im Universum entstanden ist. Die ursprünglich sehr schwachen Magnetfelder ähneln in keiner Weise denjenigen, die wir in den heutigen Galaxien beobachten. Dynamo-Prozesse im turbulenten interstellaren Gas verstärkten sie und ordneten sie um. Die Beschreibung, wie der Dynamo großskalige Strukturen im Magnetfeld aufbaut, ist ebenfalls ein weitgehend ungelöstes Problem. "Unsere jetzigen Messungen führen zu der bisher besten Beschreibung, wie Dynamos in Galaxien wirken", betont Ellen Zweibel von der University of Wisconsin in Madison, USA.

Rekordhalter

"Das ist ein aufregendes Resultat – zum ersten Mal konnten wir verlässlich sowohl die Stärke wie auch die Struktur des Magnetfelds in einer weit entfernten Galaxie bestimmen", sagt Mao. Das Gravitationslinsensystem CLASS B1152+199 ist zur Zeit der Rekordhalter als am weitesten entfernte Galaxie, bei der Eigenschaften ihres Magnetfelds vermessen werden konnten. "Unsere Arbeit zeigt, wie effektiv die Verbindung des starken Gravitationslinseneffekts mit Breitband-Radiopolarisationsmessungen dabei ist, Magnetfelder im hochrotverschobenen Universum zu untersuchen", bemerkt sie abschließend. (red, 2.9.2017)