"Noch weiten Weg vor sich": Heute.at

Foto: Heute.at Screenshot

Zürich/Wien –Bei heute.at "ist der Weg noch ein weiter", sagt Tamedia-Boss Christoph Tonini ein Jahr nach der Übernahme von 51 Prozent am Portal der österreichischen Gratiszeitung "Heute". 20minuten.ch ist – etwa nach Visits – weitaus größtes Schweizer (Medien-)Portal, heute.at liegt derzeit in der ÖWA (Juli) auf Platz zehn. Tonini: "Das ist eher ein Marathon als ein Sprint."

In einer Telefonkonferenz erklärte Tonini am Dienstag, mit welchen "technologischen Schwierigkeiten" man bei der Einführung der "Heute"-App in Österreich zunächst konfrontiert war: "Weil da Links vergessen wurden, ist der Social-Media-Traffic weggefallen", das habe zu einem Einbruch der Nutzungszahlen geführt, sei inzwischen aber behoben.

30-mal so viele Interaktionen in der Schweiz

"Wir glauben, dass wir in einem Jahr die Verhältnisse schon deutlich verringern können zwischen der Nutzung in Österreich und der Nutzung in der Schweiz", sagte Tonini. Noch liegt man laut Tamedia-Daten weit auseinander: Bei gut einem Drittel weniger Einwohnern in der Deutschschweiz wird 20minuten.ch pro Tag von 22-mal so vielen Nutzern wie heute.at genutzt – die Zahl der Interaktionen (Kommentare pro Artikel) ist 30-mal so hoch wie in Österreich.

Luft nach oben für heute.at – Chart aus der Tamedia-Präsentation zum Halbjahresbericht des Schweizer Medienkonzerns.
Foto: Tamedia-Präsentation Halbjahrsbericht 2017

Den Beitrag von heute.at und "Heute" zum Tamedia-Umsatz wollte Tonini auf STANDARD-Anfrage nicht beziffern. Tamedia nenne keine Zahlen über einzelne Titel, man bewege sich hier aber im "tieferen einstelligen Millionenbereich".

Die Minderheitsbeteiligung am Zeitungsverlag von "Heute" werde nicht voll konsolidiert – dort hält Tamedia seit 2016 25,5 Prozent. Und: "Der Umsatz von heute.at ist relativ klein", sagte Tonini. Zum Ergebnis erklärt er: Das Engagement in Österreich sei "in einem sehr überschaubaren Bereich", und "die Ergebnisseite wurde nicht sehr stark belastet".

Rund sechs Millionen Euro für 51 Prozent an "Heute.at"

Der Geschäftsbericht der Tamedia für das Jahr 2016 nannte zumindest für die 51 Prozent an heute.at wie berichtet konkretere Werte: 6,6 Millionen Franken, also gut sechs Millionen Euro zu aktuellem Kurs, bezahlte der Konzern laut Geschäftsbericht im Vorjahr "in bar" für 51 Prozent an der Plattform.

Heute.at wurde 2016 kurz vor dem Einstieg der Tamedia aus dem "Heute"-Verlag herausgelöst, der damals noch allein zwei Stiftungen gehört – die eine führt "Heute"-Gründer und -Geschäftsführer Wolfgang Jansky, die andere hat Herausgeberin Eva Dichand mit ihrem Bruder ins Leben gerufen. Heute.at wurden bei der Gelegenheit an die DJ Digitale Medien GmbH verkauft, die damals Jansky, früher Pressesprecher von Werner Faymann (SPÖ) als Wiener Wohnbaustadtrat, und Eva Dichand persönlich gehörte.

Von September bis Dezember 2016 nannte der Geschäftsbericht der Tamedia einen Betriebsertrag (Umsatz) der DJ Digitale Medien mit einer Million Schweizer Franken, das Ergebnis seit Einstieg mit minus 300.000 Euro.

"Krone"-Printkooperation: "Frage stellt sich nicht"

Die Umsätze der Tamedia insgesamt im Bereich Gratiszeitungen (Print und Digital) sind im ersten Halbjahr (bei stabilem Ergebnis) um zehn Prozent auf 72 Millionen Franken zurückgegangen. Der Konzern erklärt das mit stark rückläufigen Print-Werbemärkten und der Konzernreaktion auf Verluste der dänischen Tamedia-Gratiszeitung "Metroexpress". Die erscheint nun in einem Joint Venture mit der Boulevardzeitung "BT" der belgischen De Persgroep aus einer gemeinsamen Redaktion.

Das dänische Modell und die Trennungswünsche der "Krone"-Gesellschafter Familie Dichand und deutsche Funke-Gruppe ließen den STANDARD fragen, ob Tamedia diese Perspektive womöglich auch in Österreich verfolgt. Also eine Kooperation/Verflechtung von "Heute" und "Krone" (kartellrechtlich freilich eine Herausforderung).

Tonini winkt ab: "Wir staunen immer wieder, wie unglaublich stabil sich der österreichische Printwerbemarkt darstellt." Er spricht von Umsatzzuwächsen im ersten Halbjahr. "Das ist der einzige Markt in Europa mit einer solchen Tendenz." Vor dem Hintergrund "stellt sich die Frage einer Kooperation mit einem boulevardesken Titel überhaupt nicht – weil die Printsituation noch eine andere ist."

"Heute"-Herausgeberin Eva Dichand dachte schon in mehreren "Format"-Interviews über eine Online-Kooperation von krone.at, kurier.at und heute.at nach.

"Würden 'Heute' anders machen"

Ein "Horizont"-Journalist fragte Tonini skeptisch zu geplanten Trafficsteigerungen nach Schweizer Vorbild bei heute.at: "Geht das wirklich, dieses Niveau anzugleichen, ohne die Qualität von 'Heute' anzuheben?"

Tonini dazu: "Ich bin sehr froh, dass wir mit 'Heute' die erfolgreichste Gratiszeitung als Partner haben, was auch funktioniert. Wir würden 'Heute' vermutlich etwas anders machen – aber nicht erfolgreicher. Der Printtitel soll nicht geändert werden." (fid, 29.8.2017)