Die Bürokratie bedingt eine Pattsituation zwischen Heimopfer- und Verbrechensopfergesetz. Für die Betroffenen eine weitere Hürde auf dem ohnehin beschwerlichen Weg zu Entschädigungszahlungen.

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Innsbruck – Das mit 1. Juli 2017 in Kraft getretene Heimopfergesetz (HOG) offenbart erste Schwachstellen, die ausgebessert werden müssen. Im konkreten Fall geht es um eine Art Pattsituation von Anträgen nach dem HOG und dem Verbrechensopfergesetz (VOG). Denn haben Betroffene Anträge auf 300 Euro monatliche Pension nach dem HOG gestellt und gleichzeitig um Entschädigung nach dem VOG angesucht, so werden ihre HOG-Anträge derzeit von der Pensionsversicherungsanstalt nicht mehr bearbeitet, bis die noch anhängigen VOG-Verfahren abgeschlossen sind.

Pattsituation sorgt für Stopp

Bis zum 1. Juli gab es aber nur die Möglichkeit, nach dem VOG um Entschädigung für Verdienstentgang anzusuchen. Nachdem die VOG-Verfahren aber erfahrungsgemäß jahrelang dauern und die Erfolgsaussichten eher gering sind, würde diese Pattsituation für die betroffenen Opfer wiederum jahrelange Wartezeiten für ihre HOG-Pensionen bedeuten.

Für die Opfer ein Affront. Sie fühlen sich abermals von den Behörden schikaniert, und manche vermuten dahinter gar die Absicht, man wolle sie von Anträgen nach dem VOG abbringen, da dort im Einzelfall mehr Entschädigung zugestanden werden kann. Volksanwalt Günther Kräuter, der die neue Rentenkommission leitet, kann diese Enttäuschung nachempfinden.

Er ruft aber alle Betroffenen dringend dazu auf, ihre VOG-Anträge nicht zurückzuziehen: "Diese Schwachstelle im Gesetz muss schnellstmöglich ausgebessert werden." Hintergrund für den Bearbeitungsstopp ist, dass die beiden Entschädigungen aufgerechnet werden. Die letztinstanzlich zuständige Pensionsversicherungsanstalt hat die Anträge auf Eis gelegt, erklärt Kräuter, um zu vermeiden, dass im Fall von unterschiedlichen Entschädigungshöhen Rückforderungen an die Betroffenen ergehen.

Im Sozialministerium sind bislang keine dahingehenden Beschwerden eingegangen, heißt es auf Nachfrage des STANDARD. Derzeit seien noch 114 Anträge nach dem VOG anhängig. Auch seitens des Ministeriums räumt man ein, dass diese Verfahren "extrem langwierig" sind – seit 2012 wurden nur 41 VOG-Anträge bewilligt – und ihr Ausgang aufgrund der oft schwierigen Beweisführung ungewiss. Deshalb habe man sich für die "unkompliziertere HOG-Neuvariante" entschieden.

200 Fälle eingegangen

Seit Juli können Heimopfer, die das gesetzliche Pensionsalter erreicht haben, um eine monatliche Pension von 300 Euro ansuchen. Wer eine Invaliditätspension erhält oder wegen Arbeitsunfähigkeit Geldleistungen nach den Mindestsicherungsgesetzen der Länder bezieht, ist ebenso anspruchsberechtigt. Automatisch anspruchsberechtigt sind alle, die bereits eine Entschädigung einer Kommission erhalten haben. Aber auch abgelehnte Fälle können ein Ansuchen stellen, das von der neu eingerichteten Rentenkommission der Volksanwaltschaft bearbeitet wird. Bisher sind dort rund 200 derartige Fälle eingegangen.

Die Volksanwaltschaft sieht beim HOG noch weiteren Reformbedarf gegeben, etwa bezüglich Opfern aus Krankenanstalten, die vom Anspruch auf die Pension derzeit ausgenommen sind. "Es werden noch weitere Novellierungen nötig sein. Jeder Hinweis auf Probleme ist daher willkommen und wird von uns sehr ernst genommen", sagt Kräuter.
(Steffen Arora, 31.8.2017)