Turin – Weiß und Schwarz statt Königsblau: Als Benedikt Höwedes im eleganten weißen Hemd aus der Limousine stieg, ertönte lauter Jubel. Die Fans von Juventus Turin riefen seinen Namen, Höwedes schrieb fleißig Autogramme, er posierte geduldig für Selfies – und der Ärger auf Schalke schien in diesem Moment ganz weit weg.

Am Mittwochvormittag absolvierte der 29-Jährige den obligatorischen Medizincheck bei seinem künftigen Arbeitgeber, Höwedes wirkte glücklich und gelöst wie lange nicht. Nach seiner Degradierung beim Bundesligisten flieht der Ur-Schalker aus dem Revier nach Norditalien.

"Ich bin überwältigt. Juve ist so ein großer Klub für mich", sagte Höwedes: "Ich habe mit Sami Khedira gesprochen, bevor ich hierhin gekommen bin. Er hat mir nur gesagt: Du musst kommen, weil es hier so schön ist. Das ist ein großer Tag für mich."

Auf Leihbasis mit Kaufoption

Der in Gelsenkirchen nach sechs Jahren als Kapitän abgesetzte und sportlich infrage gestellte Höwedes wagt einen neuen Anlauf. Am Mittwochnachmittag meldete Juve Vollzug: Zunächst wird Höwedes auf Leihbasis nach Turin wechseln. Der italienische Rekordmeister sicherte sich aber eine Kaufoption.

Die Erwartungen in Italien sind hoch: Höwedes soll die Lücke füllen, die der zum AC Mailand abgewanderte Abwehrchef Leonardo Bonucci hinterlassen hat.

Dass man ihm eine solche Aufgabe zutraut, wird Höwedes stolz machen. Denn auf Schalke spürte er diese Wertschätzung nicht mehr. Dort sah er unter dem neuen Trainer Domenico Tedesco offenbar keine Perspektive mehr. Der Coach hatte Höwedes nicht nur als Kapitän abgesetzt, sondern ihn auch in den Pflichtspielen nicht berücksichtigt.

Höwedes trug die Entscheidung mit Fassung, er zog aber auch seine Konsequenzen. Logisch – schließlich steht in knapp zehn Monaten die WM in Russland an, der deutsche Bundestrainer Joachim Löw hat jüngst "den härtesten Konkurrenzkampf, den wir je erlebt haben" angekündigt. (sid, 30.8.2017)