Ein Überbleibsel der Prozesse, die vor 56 Millionen Jahren Grönland von Nordwesteuropa trennten: Der Ausbruch des Eyjafjallajökull im Jahr 2010.

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Kiel – Der aktuelle Klimawandel weckt bei Geologen Assoziationen: Immer wieder vollzogen sich in vergangenen Erdzeitaltern rasante globale Temperaturanstiege. Ein solches Ereignis zwischen am Übergang des Paläozäns zum Eozän vor etwa 56 Millionen Jahren wird in der Wissenschaft oft als Vergleichsfall herangezogen. Die Ursachen dieses Klimawandels aber noch umstritten. Forscher der Universität Southampton und des Geomar-Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel berichten nun in "Nature", dass das Temperaturmaximum auf starken Vulkanismus im Nordatlantik zurückführen sei.

Zu dieser Zeit stiegen die globalen Durchschnittstemperaturen innerhalb weniger tausend Jahre (in geologischen Maßstäben also rasant) um mindestens fünf Grad Celsius. Die Erde erlebte eine der extremsten Klimaveränderungen ihrer jüngeren Geschichte. Erst etwa 150.000 Jahre später gingen die globalen Temperaturen wieder auf ähnliche Werte vorher zurück.

Verdoppelter CO2-Gehalt

Zu den genauen Ursachen der auch Paläozän/Eozän-Temperaturmaximum (PETM) genannten Erwärmungsphase gibt es in der Forschung unterschiedliche Theorien, die von Meteoriteneinschlägen bis zur Auflösung von Gashydraten reichen. Wie die Forscher um Marcus Gutjahr nun berichten, dürften massive vulkanische Kohlendioxid-Emissionen im Zuge der Öffnung des Nordatlantiks ausschlaggebend gewesen sein: Demnach verdoppelte sich der CO2-Gehalt der Atmosphäre im Laufe des PETM innerhalb von weniger als 25.000 Jahren. "Die Vermutung, dass große Mengen Kohlenstoff, die in den Ozean und die Atmosphäre gelangten, das PETM ausgelöst haben könnten, ist nicht neu", sagte Gutjahr.

Die genaue Quelle dieses Kohlenstoffs und die Gesamtmenge, die freigesetzt wurde, waren bis jetzt schwer fassbar. Außerdem war bekannt, dass das PETM ungefähr zeitgleich mit den vulkanischen Aktivitäten begann, die Grönland von Nordwesteuropa trennten. Der heutige Vulkanismus auf Island ist ein kleines Überbleibsel dieser Prozesse. "Aber bisher fehlte ein direkter Nachweis für die ursächliche Verknüpfung dieser beiden Vorgänge", so Gutjahr.

Aufschlussreicher pH-Wert

Um die CO2-Quelle zu identifizieren, rekonstruierten die Forscher zunächst mit einer neuen Methode die Veränderungen des pH-Wertes im Ozean während des fraglichen Zeitraums. "Diese Methode beruht auf der Messung verschiedener Isotope der Elemente Bor und Kohlenstoff in mikroskopisch kleinen Meeresfossilien, sogenannten Foraminiferen", sagte Gutjahr. Der pH-Wert des Ozeans verrate, wie viel Kohlendioxid das Meerwasser zu jener Zeit aus der Atmosphäre aufgenommen hat. Die zusätzlich gemessene Kohlenstoffzusammensetzung lasse zudem Rückschlüsse zu, woher dieser Kohlenstoff stammt.

Werden beide Informationen in einem globalen Klimamodell berücksichtigt, könne nur der großflächige Vulkanismus bei der Öffnung des Nordatlantiks die Hauptursache, schreiben die Forscher. Im Detail zeigte die Analyse der Daten, dass während des PETM mehr als 12.000 Milliarden Tonnen Kohlenstoff aus einer überwiegend vulkanischen Quelle in die Atmosphäre gelangten. Im Klimamodell der Forschergruppe führte die Menge dazu, dass die Konzentration des atmosphärischen CO2 von etwa 800 ppm auf über 2000 ppm anstieg (gegenwärtig liegt der Kohlendioxidgehalt der Erdatmosphäre bei etwa 400 ppm).

"Wie das Klimasystem vor 56 Millionen Jahren auf die Kohlenstoff-Spritze reagiert hat, verdeutlicht uns, wie es in Zukunft auf den vom Menschen verursachten Klimawandel reagieren könnte", sagt Koautor Gavin Foster von der University of Southampton. Allerdings verlief die Emissions- und Temperaturentwicklung während des PETM in den Modellen sehr unterschiedlich zum aktuellen Klimatrend: Die Freisetzung der gigantischen CO2-Menge ging damals deutlich langsamer vor sich als heute – "und zwar mindestens um den Faktor 20", so Gutjahr. (red, 4.9.2017)