Nicht nur sehr gute Noten und das nötige Kleingeld sind Voraussetzung für ein Studium in Oxford. Auch das Aufnahmeverfahren müssen Bewerber natürlich bestehen. Dazu gehören auch Interviews, in denen fachspezifisches Wissen abgefragt wird.

Die Universität veröffentlichte vor kurzem einige dieser Fragen aus den unterschiedlichen Studiengängen. Allerdings nicht nur das – auch warum sie gestellt werden, wird von Professorinnen und Professoren begründet. Dabei zeigt sich: Oft gibt es gar keine korrekte Antwort, und wenn, dann interessiert die Fragenden vielmehr der Weg, wie man zu dieser Antwort kommt. Einige Beispiele:

  • Fragen aus dem Studiengang Biologie:
Foto: APA/AFP/GUILLAUME SOUVANT

Warum haben Löwen Mähnen?

Bei dieser Frage gehe es darum, dass die Befragten schlüssig erklären können, wie sie ihre Theorie in der Praxis auch überprüfen könnten, sagt dazu Oewn Lewis vom Brasenose College. Manche Bewerber hätten etwa vorgeschlagen, die Mähne einfach abzurasieren, um dann die Auswirkungen zu beobachten und daraus auf die Nützlichkeit zu schließen.

Würde es etwas ausmachen, wenn Tiger aussterben würden?

Interviewer Martin Speight sagt, dass ihn hier vor allem das Warum interessiert. Denn ein Ja käme den meisten schnell über die Lippen. Er hänge deswegen gerne die Frage an, wie es denn bei einem Pilz wäre.

Wenn Sie entweder Regenwälder oder Korallenriffe retten könnten, für was würden Sie sich entscheiden?

"Hier sollten Bewerber ihr Allgemeinwissen einsetzen um zu einer Antwort zu kommen", schreibt Speight. Detailwissen sei nicht notwendig. Vielmehr gehe es darum, ob der Bewerber ein Gefühl für die Auswirkungen hat, Dinge wie Biodiversität und Artenvielfalt berücksichtigt – genauso wie Faktoren für den Klimawandel et cetera.

Ist es für Organismen einfacher an Land oder im Wasser zu leben?

Hier sei zunächst wichtig, dass Bewerber "einfacher" definieren. Dann gehe es um die Bedingungen an Land und Wasser und darum, welche Probleme diese bedeuten könnten, und so weiter.

  • Fragen aus dem Fachbereich Informatik:
Foto: Disney Enterprises, Inc. All Rights Reserved.

Wie verteilen Piraten diesen Schatz?

Sieben Piraten haben 100 Goldmünzen. Sie können untereinander ausmachen, wie sie diesen Schatz aufteilen. Sie müssen sich allerdings an diese Piraten-Regeln halten:

- Der älteste Pirat muss die Aufteilung vorschlagen.

- Alle Piraten – auch der älteste – stimmen über die Aufteilung ab. Wenn die Hälfte oder mehr dafür stimmen, ist sie akzeptiert. Wenn es weniger als die Hälfte sind, wird der älteste Pirat über Bord geworfen und alles beginnt von vorne.

- Die Piraten verhalten sich total logisch und extrem rücksichtslos (sie denken nur daran, ihren Anteil zu maximieren).

Welche Aufteilung sollte der älteste Pirat also vorschlagen?

Dies sei ein herkömmliches Beispiel für ein logisches Problem. Interviewer Brian Harrington vom Keble College sagt dazu: "Ich interessiere mich dafür, welche Denkrichtungen Studierende anstoßen und ob sie das Problem in kleinere Teile zerlegen können. Dann sollten sie sich durch ein komplexes Konzept durcharbeiten und algorithmische Lösungen finden." Wichtig sei außerdem, dass Studierende bei Fragen diese auch stellen und nicht in aller Stille dasitzen und deswegen bei der Lösung nicht vorankommen.

  • Fragen aus dem Fachbereich Wirtschaft:

Bild nicht mehr verfügbar.

Foto: REUTERS/THAYER

Verdienen Banker das Geld, das sie bekommen? Oder sollte die Regierung die Verdienstmöglichkeiten bestimmen? Brian Bell, Wirtschaftsdozent in Oxford, betont, dass ein guter Bewerber die Frage stellen würde, warum Menschen mit vergleichbaren Qualifikationen bei Banken so viel mehr verdienen als in anderen Brachen. Tatsächlich gehe es mehr um die Ökonomie des Bezahlens, nicht um Kategorien wie fair und unfair.

  • Fragen aus dem Bereich Englische Literatur:

Bild nicht mehr verfügbar.

Foto: REUTERS/SUZANNE PLUNKETT

J. K. Rowling hat nach ihrer sehr erfolgreichen Harry-Potter-Serie soeben ein Buch für Erwachsene publiziert. Inwiefern ist es Ihrer Meinung nach anders, für Erwachsene zu schreiben?

Lucinda Rumsey vom Mansfield College stellt diese Frage gerne, weil sie sich dadurch erhofft, auch etwas über das Leseverhalten der Kandidaten zu erfahren. Sie wolle Kandidaten nicht aufgrund dessen bewerten, was sie nicht wissen, sondern danach, was sie wissen. Auch deshalb Harry Potter. "Wenn ich diese Frage mit Shakespeare gestellt hätte, dann hätten manche Bewerber vielleicht eine Ahnung von seinen literarischen Werken. Manche aber eher weniger. Wenn ich mit Harry Potter beginne, dann hat jeder einen guten Ausgangspunkt." Außerdem sei Rowling bei vielen Bewerbern wahrscheinlich ein wichtiger Grund gewesen, warum sie zu eifrigen Leserinnen und Lesern wurden, begründet Rumsey ihre Frage.

  • Fragen aus dem Fachbereich Geschichte:

Bild nicht mehr verfügbar.

Foto: REUTERS/ADREES LATIF

Stellen Sie sich vor, es gäbe überhaupt keine historischen Aufzeichnungen, außer über alles, was mit Sport zu tun hat. Wie viel könnten wir über die Vergangenheit herausfinden?

Diese Frage könne man genau so auch mit Kultur, Musik oder Filmen stellen, sagt Stephen Tuck vom Pembroke College. Eben das, was den Bewerber interessiert. "Was ich mir anschaue, ist, wie Bewerber ihre Vorstellungskraft einsetzen und Themenbereiche, über die sie einiges wissen, mit historischer Forschung verknüpfen." Antworten könnten etwa mit Rasse, Klasse oder Geschlechterverhältnissen in der Gesellschaft zu tun haben (wer durfte Sport betreiben, wann et cetera), aber genauso mit internationaler Politik, Wirtschaftsfragen oder den vorherrschenden Werten in einer Gesellschaft. Tuck will erfahren, wie weit Bewerber in ihrer Analyse gehen können.

Auch aus Kunstgeschichte, der Rechtswissenschaft, Mathematik und vielen anderen Bereichen sind Bewerbungsfragen inklusive der Absicht dahinter veröffentlicht worden. Hier gibt es die komplette Sammlung. (lhag, 1.9.2017)