Alleinige Abgastests am Prüfstand gehören der Vergangenheit an. Ab sofort werden auch Emissionen direkt am Auspuffrohr im Straßenverkehr gemessen. Das soll realitätsnähere Werte bringen.

Foto: imago

Frage: Was bedeutet das heute, Freitag, in Kraft getretene neue Abgasregime für Autofahrer?

Antwort: Für bereits zugelassene Fahrzeuge ändert sich gar nichts. Wer allerdings ein neues Auto kaufen will, sollte sich dafür allenfalls vor dem 1. September 2018 entscheiden. Dann könnte für den gleichen Neuwagen unter Umständen eine höhere NoVA-Steuer (Normverbrauchsabgabe) fällig werden, weil ab dann Verbrauch und CO2-Ausstoß für neu zugelassene Autos nach dem neuen, realitätsnäheren Testzyklus gemessen werden. Der Autofahrerklub ÖAMTC gibt bezüglich höherer Nova-Steuer Entwarnung. Man habe vom Finanzministerium die Zusicherung erhalten, dass die NoVA zumindest bis Ende 2019 gemäß bisherigen Testverfahren errechnet werde. Für Besitzer bereits zugelassener Dieselfahrzeuge ändere sich dadurch ebenfalls nichts, erklärt ÖAMTC-Cheftechniker Max Lang.

Frage: Was war schlecht an den bisherigen Tests gemäß dem Neuen Europäischen Fahrzeug-Zyklus (NEFZ)?

Antwort: Bisher mussten die Autokonzerne für die Zulassung neuer Fahrzeuge nachweisen, dass alle Grenzwerte auf einem Prüfstand eingehalten werden. Beim 1996 eingeführten NEFZ-Test werden vier Kilometer Fahrt durch die Innenstadt mit "Stopp-and-go" simuliert und sieben Kilometer außerorts. Um Transparenz und Vergleichbarkeit zu garantieren, war vom Motoröl bis zu den Reifen jedes Detail vorgegeben. Allerdings ist der vorgeschriebene Fahrstil realitätsfern: Das Durchschnittstempo betrug 34 km/h, die Höchstgeschwindigkeit 120 km/h und das alles in rund 20 Minuten, ohne Radio, Klimaanlage oder Sitzheizung. Selbst Spiegel werden zugeklappt. Deshalb sind Verbrauchs- und Abgaswerte im täglichen Gebrauch deutlich höher. Vor allem Dieselautos geben in der Realität deutlich mehr giftige Stickoxide ab.

Frage: Was ändert sich durch die beiden neuen Testverfahren?

Antwort: Der neue WLTP-Test auf dem Rollenstand simuliert eine doppelt so lange Fahrt, mit mehr Beschleunigungen und mehr Tempo. Auch Sonderausstattungen werden berücksichtigt. Und zum ersten Mal wird die Messung auf dem Prüfstand mit einer direkt auf der Straße ("Real Driving Emissions"; RDE) kombiniert. Der RDE-Test dauert eine halbe Stunde, die Durchschnittsgeschwindigkeit beträgt 50 km/h, die Höchstgeschwindigkeit 131 und Beschleunigung, Wetter, Windverhältnisse und Verkehrslage sind beliebig. Gemessen wird mit mobilen Apparaten am Auspuff.

Frage: Gibt es neue Grenzwerte?

Antwort: Ja. Bisher schrieb der Gesetzgeber Grenzwerte nur für den Labortest vor. So darf ein Auto höchstens 80 Milligramm Stickoxid je Kilometer ausstoßen. Jetzt gibt es auch einen Grenzwert für die Straße: Das Auto darf im RDE-Test höchstens 168 Milligramm Stickoxid ausstoßen, ab 2020 nur noch 120 Milligramm. WLTP- und RDE-Tests sind in der EU ab 1. September vorgeschrieben für jedes Automodell und jeden Motortyp, den ein Hersteller neu auf den Markt bringt. Generell für Neuzulassungen gilt der neue Labortest ab September 2018, der Straßentest ab September 2019.

Frage: Wer prüft, ob die Grenzwerte eingehalten werden?

Antwort: Die jeweiligen Behörden in den Herstellerländern. VW, BMW, Mercedes, Opel und Co lassen ihre Autos von Instituten von TÜV, Dekra oder einem anderen vom Kraftfahrtbundesamt (KBA) zugelassenen Institut testen. Das KBA erteilt die EU-Typzulassung.

Frage: Sind die Messwerte im Labor und auf der Straße jetzt identisch? Antwort: Nein. Fahrstil, Temperatur, Verkehrsfluss und Wetter beeinflussen Verbrauch und Emissionen stark. Die Fahrweise hat größten Einfluss auf den Spritverbrauch, sie kann bis zu 20 Prozent Aufschlag bewirken. Optimieren des Antriebs auf gutes Abschneiden beim Testzyklus nützt beim Straßentest nur eingeschränkt.

Frage: Was bewirken die neuen, strengeren Abgasnormen?

Antwort: Da mit der neuesten Abgasnorm Euro-6c (gilt ab 1. September 2017) die Grenzwerte scharf abgesenkt wurden, werden Dieselautos ohne SCR-Katalysator (Abgasreinigung via Harnstoffeinspritzung) künftig kaum mehr eine Typgenehmigung erhalten. Auch Benziner werden Partikelfilter gegen Russ bekommen. (Luise Ungerboeck, 1.9.2017)