Peter Westenthaler geht gegen Twitter-Nutzer vor.

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Mehrere Twitter-Nutzer haben in den vergangenen Tagen Post von der Anwaltskanzlei Gheneff-Rami-Sommer erhalten. Sie alle hatten am 15. August einen Tweet von Kanzlersohn Niko Kern geteilt, in dem dieser an "Schandtaten des inneren ÖVP/FPÖ-Zirkels" erinnerte.

Angehängt war eine Grafik aus dem "Kurier", in der Gerichtsurteile und laufende Prozesse gegen Politiker, Berater und Lobbyisten aus der letzten ÖVP-BZÖ-Regierung aufgelistet waren. Darunter eben auch Westenthaler, der laut dieser Grafik wegen "Untreue und Betrugs" zu "10 Monaten unbedingt" verurteilt worden sei.

Rechtsmittel erhoben

Doch tatsächlich hat Westenthaler gegen dieses Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Rechtsmittel erhoben, weshalb die Verurteilung nicht rechtskräftig ist. Deshalb wirft er den Beklagten vor, die Unschuldsvermutung verletzt zu haben. Westenthaler will von ihnen hohe Entschädigungszahlungen. Doch der Fall ist knifflig, da die Rechtslage nicht eindeutig ist.

Möglicherweise Zitatrecht

"Wenn ein Tweet lediglich unkommentiert geteilt wird, könnte ein solcher Retweet vom Zitatrecht geschützt sein", sagt Jurist Alexander Nessler von der Kanzlei Maria Windhager, die auch den STANDARD in Medienfragen berät. Anders wäre das, wenn sich die Verbreiter inhaltlich mit dem Zitat identifizieren; etwa wenn sie es selbst zusätzlich positiv kommentieren, so Nessler.

"Nervlich sehr zusetzt"

Dem STANDARD sind mehrere Nutzer bekannt, die von Westenthaler geklagt wurden. "Ich kann mir weder Strafe noch Anwalt leisten", sagt eine Betroffene, der die Causa "nervlich sehr zusetzt". Niko Kern hat angegeben, selbst ebenfalls Anwaltspost erhalten zu haben. Er sagt auf Nachfrage, dass "etliche Privatpersonen geklagt wurden, die einfach nur ein vom "Kurier" veröffentlichtes und bisher nicht beanstandetes Bild auf Twitter geteilt haben. Das bedarf wohl keines weiteren Kommentars!"

"Zustimmend kommentiert"

Laut Westenthalers Anwalt Michael Rami werden jene Nutzer belangt, die diese "Kurier"-Grafik "zustimmend kommentiert" haben. Momentan soll es laut Rami lediglich eine niedrige einstellige Zahl von Verfahren geben. Die Verletzung der Unschuldsvermutung sei ein schweres medienrechtliches Vergehen, so Rami. Peter Westenthaler war für keine Stellungnahme zu erreichen. (Fabian Schmid, 1.9.2017)