Links das Schloss, recht die einstöckige Synagoge, in der Mitte das neue, von Ernst Fuchs entworfene Mahmal für die Vertriebenen der Kehilla Kobersdorf.

Foto: wei

Die alte, etwas ramponierte Kobersdorfer Schul' spiegelt sich in der 221 Namen umfassenden Liste.

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Vor vier Jahren hat sich das Burgenland erstmals aktiv am europäischen Tag der jüdischen Kultur beteiligt. Mittlerweile sind die Veranstaltungen schon fixer Bestandteil des Kulturprogramms im September, jenem Monat, in dem seit 18 Jahren quer über den Kontinent dem jüdischen Beitrag zur europäischen Kultur gedacht wird.

Gert Tschögl von der burgenländischen Forschungsgesellschaft, der Initiator und Organisator, war selber überrascht vom Zuspruch, den die pannonische Veranstaltungsreihe von Beginn an gefunden hat. "Es ist von Mal zu Mal mehr geworden." Nicht nur kamen mehr Besucher, die jeweils lokalen Initiativen zeigten zunehmend auch veranstalterisches Engagement. Diese lokale Verankerung der Gedenkinitiativen zeige, wie sehr die geschichtliche Bewahrung – der Versuch, die traditionelle Heimatkunde ums das lange Zeit Verschwiegene, das Schmerzliche zu ergänzen – zu einem echten Bedürfnis geworden ist.

Am Sonntag – der Tag der jüdischen Kultur ist diesmal der 3. September – wird man sich gleich in acht burgenländischen Orten des vielfältigen jüdischen Erbes erinnern. Ein Erbe, das vor allem im Landesnorden – in den "heiligen sieben Gemeinden" unter ausdrücklichem Esterházyschutz – speziell genug ist, um sogar von einer eigenen burgenländisch-jüdischen Kultur sprechen zu können.

Mahnmal in Kobersdorf

Der heurige Schwerpunkt liegt wohl in Kobersdorf. Das Zentrum der burgenländischen Sommerkomödie hat sich nun auch dazu entschlossen, der eigenen Tragödie gedenkend zu begegnen. Kobersdorf war ja eine dieser Sheva Kehillot, der Siebengemeinden. Und hier steht – ein wenig arg ramponiert – immer noch die Synagoge, gleich gegenüber vom Schloss, in dessen Hof Sommer für Sommer die Schlossspiele stattfinden.

Zwischen Schloss und Synagoge, in der ehemaligen Kehilla Kobersdorf, steht nun ein Gedenkstein mit den Namen aller 221 Vertriebenen und Ermordeten. Das Denkmal folgt einem Entwurf des 2015 verstorbenen Phantastischen Realisten Ernst Fuchs, dessen jüdische Vorfahren Kobersdorfer waren. Es verdankt sich aber in der Hauptsache Erwin Hausensteiner, Altbürgermeister von Kobersdorf, der die jüdische Geschichte seiner Heimatgemeinde in einem 2008 erschienenen Buch akribisch aufgearbeitet hat und seither ziemlich unermüdlich auch die markant ins Ortsbild gesetzte Erinnerung daran betreibt.

Bustransfer

Das Resultat seiner Bemühungen, der Fuchs’sche Stein, wird am Sonntag um 14 Uhr enthüllt. Anreisen dazu werden auch Besucher der Matinee im nahen Deutschkreutz, dessen Kehilla sich Zelem genannt hat. Zu dieser musikalischen Veranstaltung rund um den von hier stammenden Komponisten Carl Goldmark kommt ein Bus aus Wien, der dann über Kobersdorf retour fährt. "Für den", so Gert Tschögl, "gibt es noch Restkarten, Kurzentschlossene können auch am Samstag noch 0699/11 07 24 28 anrufen."

Auch in Mattersburg wird, wie in den Jahren zuvor, an die dortig Judengemeinde erinnert, mit einem Rundgang zu den wenig verbliebenen Bauten. Denn in Mattersburg wüteten die Nazis mit besonder rabiaten Radikalität, zerstörten nicht nur den ganzen Friedhof, sondern das gesamte jüdische Viertel samt Synagoge und Jeschiwa.

Mattersburger Mahnmal

Der Platz, an dem diese beiden Gebäude und das Rabbinerhaus standen, ist bis heute frei geblieben. Erduntersuchungen haben ergeben, dass nicht einmal Fundamente mehr vorhanden sind. Ein Verein müht sich seit Jahren, dem unansehnlichen Beserlpark vorm Hochhaus ein bisserl mehr Würde zu geben. Ab November wird das der Fall sein. Der Bundespräsident wird eine Gedenkstätte eröffnen, die an das geistliche Zentrum des burgenländischen Judentums erinnert.

Und irgendwann – so deuten manche Auguren manch rätselhafte Zeichen – wird es auch zu einer Städtepartnerschaft kommen zwischen Mattersburg, das bis 1924 Mattersdorf geheißen hat, und dem Jerusalemer Stadtbezirk Kirjat Mattersdorf, wohin die Mattersdorfer sich einst vor den Mattersburgern in Sicherheit gebracht haben. (Wolfgang Weisgram, 2. 9. 2017)

Das detaillierte Programm gibt es hier: www.forschungsgesellschaft.at/edjc