Wien – In Deutschland sind tausende VW-Fahrzeughalter vor dem Landgericht Braunschweig mit ihrer (über den Rechtsdienstleister My Right eingebrachten) Klage auf Schadenersatz wegen der Dieselabgasmanipulationen abgeblitzt. In Österreich hingegen bekam ein Audi-Besitzer recht. Er hatte auf Aufhebung des Kaufvertrags für seinen Audi A4 geklagt, und das Handelsgericht sprach ihm das Recht auf "Wandlung" zu. Das bedeutet, dass der VW-Händler das Auto wegen der unzulässig eingebauten Abgasmanipulationssoftware zurücknehmen und den Kaufpreis rückerstatten muss.

Mehr noch, der irrende Käufer muss auch das von den Behörden verordnete Software-Update nicht machen lassen. "Die Entscheidung bestätigt ausdrücklich, dass betroffenen Autofahrern die Durchführung des Software-Updates durch VW, also jener Gesellschaft, die bereits den manipulierten Motor hergestellt hat, nicht zumutbar ist", sagt Rechtsanwalt Thomas Kainz von LCK Legal Chambers Kainz, der die Klage eingebracht hatte.

Vertrauensverlust

Die Begründung für die Unzumutbarkeit: Es liege "ein qualifizierter Verlust des Vertrauens in die Kompetenz des Übergebers" vor. Schon allein die Kommunikation des Volkswagen-Konzerns sei mit "offensichtlich wirtschaftlich motivierten Doppelbotschaften" nicht vertrauensbildend. "Es werden Verbesserungsmaßnahmen angekündigt, ohne einen Reparaturbedarf anzuerkennen", heißt es in dem Spruch vom 29. August, der dem STANDARD vorliegt. Auch die Zeitkomponente, bis das Software-Update entwickelt war, rechtfertigt laut Gericht die Annahme, dass es sich "nicht um einen geringfügigen Mangel" handelt.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Man werde Berufung erheben, denn das Urteil ist "inhaltlich verfehlt", teilte Porsche Austria unter Verweis auf ein klagsabweisendes Urteil mit, das am Donnerstag, ebenfalls vom Handelsgericht Wien, zugestellt worden sei. Der neue Spruch treffe "diametral andere Aussagen". Im Übrigen seien erstinstanzliche klagsstattgebende Urteile in Österreich die absolute Ausnahme. Im Regelfall würden die Klagen abgewiesen, "denn es ist den Kunden jedenfalls zumutbar, die technische Umrüstung abzuwarten", so Porsche-Austria-Sprecher Richard Mieling unter Berufung auf obergerichtliche Urteile.

Weitere US-Klagen gestoppt

Rückenwind bekam der Volkswagen-Konzern unterdessen aus den USA. Der US-Bundesstaat Wyoming scheiterte mit dem Versuch, gerichtlich weitere Strafen wegen Verstoßes gegen das Luftreinhaltegesetz ("Clean Air Act") gegen die Wolfsburger durchzusetzen. Der kalifornische Bezirksrichter Charles Breyer wies die Klage ab, die den Autobauer eine weitere Milliarde Dollar hätte kosten können. Breyer erklärte, zwar sei Volkswagen in der Tat verantwortlich für Manipulationen. Da diese aber im Zuge der Produktion der Dieselautos vorgenommen wurden und VW bereits 15 Milliarden Dollar Schadenersatz geleistet habe, entschied der Kongress, dass die Umweltbehörde EPA und nicht die einzelnen Bundesstaaten in der Position sei, über Schadensregulierungen zu befinden. Insgesamt verbuchte VW für US-Vergleiche und Rechtskosten bereits 22,6 Milliarden Euro. (Luise Ungerboeck, 1.9.2017)